Mittwoch, 29. April 2009 um 19:57 Uhr
Helmut Hetzel
Chaos und Wut
Manager mit Schuhen und Münzen beworfen
Fortis-Aktionäre stimmen für Verkauf der belgischen Fortis Bank an BNP Paribas
Von HELMUT HETZEL
Gent. Eine überwältigende Mehrheit von knapp 73 % der Fortis-Aktionäre hat sich am gestrigen Dienstag auf einer Hauptversammlung im flämischen Gent für den Verkauf der belgischen Fortis Bank an die französische BNP Paribas ausgesprochen. Das Votum kam nach einer chaotisch verlaufenen Aktionärsversammlung zu Stande. Nun müssen am heutigen Mittwoch im niederländischen Utrecht die holländischen Fortis-Aktionäre den Verkauf ebenfalls noch billigen, dann ist der Deal rund.
Die Hauptversammlung in Gent begann mit Tumulten und lauten Protesten:
,,Démission, Démission'' - Rücktritt, Rücktritt, schallt es in Französisch aus hunderten von Kehlen auf der Hauptversammlung der Finanzgruppe Fortis im flämischen Gent. Wütende Fortis-Aktionäre haben sich im Genter Flanders Expo-Center, wo die Fortis-Hauptversammlung gestern stattfand, von ihren Plätzen erhoben. Sie toben. Die Wut bricht sich Bahn. Es werden sogar Schuhe, Münzen und andere Gegenstände auf die anwesenden Fortis-Manager geschleudert. Die müssen in Deckung gehen.
Fortis-Verwaltungsratspräsident Jozef de Mey greift das Mikrophon. Er unterbricht die Versammlung. ,,Für fünf Minuten,‘‘ sagt er auf Niederländisch und Französisch. Doch aus den fünf Minuten wird eine halbe Stunde. Das Chaos ist perfekt. Bis zum frühen Nachmittag weiß man nicht, ob über den wichtigsten Tagesordnungspunkt der Agenda, nämlich den Verkauf des Großteils der belgischen Fortis Bank an die französische BNP Paribas (BNPP) überhaupt abgestimmt werden kann oder nicht. Denn darum geht es auf dieser Fortis-Generalversammlung der Aktionäre.
Etwa 3500 Fortis-Anteilseigner sind erschienen. Sie repräsentieren etwa 25 % des Kapitals. Am 11. Februar, auf einer ebenfalls tumultuös verlaufenden außerordentlichen Hauptversammlung, hatte eine knappe Mehrheit der Fortis-Aktionäre schon einmal gegen den Verkauf der Fortis Bank an die französische BNPP votiert. Dann wurde nachverhandelt. Gestern lag also ein neues Kaufangebot der BNPP vor. Das sollten die Aktionäre nun billigen.
Auf das neue Angebot hatten sich die belgische Regierung, BNP Paribas (BNPP) sowie die Fortis Holding im März verständigt. Der neue Deal sieht vor, dass die Franzosen 75 % der Fortis Bank übernehmen. Die übrigen 25 % der Fortis Bank Belgien bleiben im Besitz des belgischen Staates. Außerdem verkauft die Fortis Holding 25 % der belgischen Fortis-Versicherungen an die BNPP zum Preis von 1,375 Mrd. Euro. Der neue Deal hat den Vorteil, dass sowohl die Fortis Holding als auch BNPP davon profitieren. Denn die Cash-Position der Fortis Holding verbessert sich dadurch per Saldo um eine Mrd. Euro auf 3,4 Mrd. Euro. Andererseits wird die Kernkapitalquote der BNPP (Tier 1 Ratio) nicht negativ beeinflusst, weil der Versicherungs-Deal in den Büchern der Fortis Bank verantwortet wird. Ferner wurde zwischen der Fortis Holding und der BNPP ein Kooperationsabkommen über die Zusammenarbeit im Versicherungsgeschäft vereinbart, das eine Laufzeit bis 2020 hat.
Doch auch dieses wesentlich bessere zweite Kaufangebot wird von vielen Fortis-Aktionären nach wie vor abgelehnt. Allen voran von dem Brüsseler Anwalt Mischael Modrikamen. Er peitscht in seiner Rede in Gent die Aktionäre regelrecht auf, um erneut mit ,,Nein‘‘ zu stimmen. Er favorisiert ein Stand-alone-Szenario für die Fortis Bank. Sie soll Teil der Fortis Holding bleiben. Modrikamen, der nach eigenen Angaben ,,einige tausend‘‘ Fortis-Aktionäre vertritt, hofft, dass der belgische Staat und die BNPP noch mehr Zugeständnisse an die Fortis-Aktionäre machen. Aber ist das realistisch? Er pokert hoch. Modrikamen versuchte auch über eine einstweilige Verfügung die Stimmrechte von rund 5 % des Fortis-Kapitals neuer Fortis-Aktionäre, das zur Fortis Holding delegiert wurden, für nichtig erklären zu lassen. Doch ein Brüsseler Gericht lehnte den Antrag ab.
Nun versucht der Anwalt, sein Anliegen zur Stimmrechtsbegrenzung auf die Tagesordnung setzen zu lassen. Aber er scheitert damit. ,,Der Richter hat gesprochen,‘‘ begründet Verwaltungsratschef De Mey seine Weigerung, die Forderung von Modrikamen zu erfüllen und die Tagesordnung zu ändern.
Kurz vor 14.00 Uhr muss die turbulente Aktionärsversammlung erneut unterbrochen werden. Eine für belgische Verhältnisse sehr kurze Lunch-Pause von nicht einmal einer halben Stunde beginnt. Danach geht es weiter und der Fortis-Aufsichtsrat verkündet, dass alle anwesenden Aktionäre abstimmungsberechtigt sind. Sicherheitsbeamte und Polizeikräfte beziehen vor und hinter dem Podium auf dem das Fortis-Management sitzt, Stellung. Die Stimmung ist weiter gereizt und aggressiv. Kein Wunder, viele der hier anwesenden Fortis-Aktionäre haben ein Vermögen verloren. Viele von ihnen haben die Fortis-Aktien zu Preisen von 20 Euro oder gar 30 Euro je Stück vor Jahren gekauft und sitzen nun auf Papieren, die gerade noch 1,78 Euro wert sind. Viele von ihnen haben ihre Pension verloren, die mit Fortis-Aktien aufgebaut worden war. Denn Fortis war in Belgien über Jahrzehnte hin die Volksaktie schlechthin.
Erst gegen 15.30 Uhr kommen die ersten Fortis-Aktionäre, die mit Ja stimmen und den Verkauf der Fortis Bank an die Franzosen möglich machen wollen, ans Wort. Es sie die Vertreter flämischer und niederländischer Fortis-Aktionäre. Sie sagen: ,,Wir haben die Wahl zwischen der BNP Paribas oder der Unsicherheit.‘‘ Das Hick-Hack zwischen dem Ja- und den Nein-Lager beginnt.
Dann endlich kurz vor 17.00 Uhr die Abstimmung: 72,99 % der anwesenden Fortis-Aktionäre stimmen für den Verkauf an die französische BNPP. Sie verlief allerdings ebenso kurios und bizarr wie die ganze Versammlung. Mehr als 1000 Aktionäre verließen vor der Abstimmung den Saal. Sie boykottierten das Votum. Es war das Nein-Lager, das resignierte. Darunter auch Anwalt Modrikamen. 28.4.2009
Einen Tag später in Utrecht, Niederlande:
Verkauf der Fortis-Bank Belgien an die französische BNP Paribas ist rund
Von HELMUT HETZEL
Auch die niederländischen Aktionäre der Fortis Holding haben gestern in Utrecht auf einer Generalversammlung dem Verkauf der Fortis Bank Belgien an die französische BNP Paribas (BNPP) zugestimmt. Exakt 77,65 % des angemeldeten Kapitals stimmten gestern in Utrecht für den Verkauf an die Franzosen. Einen Tag vorher, im flämischen Gent, votierten bereits rund 73 % der Fortis-Aktionäre dafür, dass die Fortis Bank Belgien künftig zu 75 % Eigentum der französischen BNPP werden kann. Die Aktionärs-Versammlung in Utrecht verlief weniger tumultuös als die in Gent am Vortag, wo Schuhe und andere Gegenstände auf den Fortis-Vorstand geschleudert worden waren.
Im belgischen Gent waren die Weichen für den Verkauf an die BNPP bereits gestellt worden, so dass die holländischen Fortis-Aktionäre den Verkauf der Fortis Bank Belgien an die Franzosen quasi nur noch abnickten.
Die belgische Regierung, die französische BNP Paribas (BNPP) sowie die Fortis Holding einigten sich im März darauf, dass die Franzosen 75 % der Fortis Bank übernehmen können. Die übrigen 25 % der Fortis Bank Belgien bleiben im Besitz des belgischen Staates. Außerdem verkauft die Fortis Holding 25 % der belgischen Fortis-Versicherungen an die BNPP zum Preis von 1,375 Mrd. Euro. Der Verkauf verbessert die Cash-Position der Fortis Holding per Saldo um eine Mrd. Euro auf 3,4 Mrd. Euro.
Die übrig gebliebene börsennotierte Fortis Holding ist nun ein Versicherungskonzern in dem die belgischen und internationalen Versicherungsaktivitäten der einstigen Fortis-Gruppe untergebracht sind - allerdings ohne die niederländischen.
Die ehemalige Fortis Bank Luxemburg geht nun zu 66 % an die BNPP. Das übrige Drittel bleibt beim luxemburgischen Staat.
Denn der niederländische Staat hatte die Fortis Bank Niederlande, die Fortis Versicherungen Niederlande und den ABN Amrobank-Benelux im vergangenen Oktober für 16,8 Mrd. Euro erworben und verstaatlicht, um einem drohenden Konkurs von Fortis mitten in der Finanzkrise zuvor zu kommen. Doch die Fortis-Aktionäre wurden dadurch quasi durch die Hintertür enteignet. 29.4.2009
Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, 29. April 2009 um 19:57 Uhr
Galapagos kooperiert mit Merck
Sonntag, 26. April 2009 um 15:46 Uhr
Helmut Hetzel
Biotechnologie-Unternehmen Galapagos intensiviert
Zusammenarbeit mit Pharmakonzern Merck
Von HELMUT HETZEL
Den Haag. Das belgisch-niederländische Biotechnologieunternehmen Galapagos intensiviert seine Zusammenarbeit mit dem US-Pharmakonzern Merck & Co. erheblich. Galapagos entwickelt für Merck nun auch neue Medikamente, die bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten eingesetzt werden können. Die Forschung im Auftrag von Merck, die so genannte vorklinische Phase, liegt ausschließlich in der Kompetenz von Galapagos, das als Forschungsgrundlage in seinen Labors menschliche Eiweiße für die Entwicklung neuer Medikamente benutzt.
Es ist bereits die zweite strategische Allianz, die Galapagos mit Merck in diesem Jahr abgeschlossen hat. Anfang des Jahres vereinbarten die beiden Unternehmen bei der Forschung nach neuen Medikamenten gegen Diabetes (Zuckerkrankheit) und Obesitas (Fettsucht) ebenfalls zusammen zu arbeiten. Das neue Kooperationsabkommen zwischen Merck und Galapagos hat ein potenzielles Auftragsvolumen für das belgisch-niederländische Biotechnologie-Unternehmen von rund 200 Mio. Euro. Rund 2,5 Mio. Euro soll Galapagos von Merck direkt erhalten, so dass die Finanzierung zum Anlauf des neuen Forschungsprojekts gesichert ist, heißt es seitens Galapagos. Außerdem hat sich Galapagos das Recht auf Lizenzeinkünfte gesichert für die mit Galapagos-Know How entwickelten neuen Merck-Medikamente. Das heißt, für den Fall, dass Merck nicht bereit sein sollte, die neuen Medikamente selbst zu vermarkten, kann dies Galapagos entweder selbst oder mit einem anderen Partner tun.
Nicht auf den gleichnamigenPazifik-Inseln, sondern in Belgien ist das Bitotechunternehmen Galapagos zu Hause
,,Die Vereinbarung ist für uns sehr lukrativ. Merck will einen Teil seiner Forschung auslagern und durch Dritte tun lassen. Davon profitieren wir jetzt,‘‘ kommentiert Onno van de Stolpe, der Vorstandsvorsitzende von Galapagos den Deal mit Merck. Es ist bereits die sechste Kooperationsvereinbarung, die Galapagos mit verschiedenen großen Pharmaunternehmen in den vergangenen Jahren geschlossen hat. Denn das belgisch-niederländische Biotechnologie-Unternehmen kooperiert außer mit Merck auch mit anderen Pharmakonzernen wie GlaxoSmithKine, Johnson & Johnson, Janssen Pharmaceutica und Eli Lilly. Aber das ist noch nicht genug. Onno van de Stolpe betont, dass nach weiteren Kooperationsmöglichkeiten gesucht werde, um das Wachstum zu beschleunigen und die Forschung weiter auszubauen. ,,Eine weitere große strategische Allianz suchen wir noch. Mit einem neuen potenziellen Partner führen wir derzeit Gespräche,‘‘ hält der Galapogos-Chef fest. Wer dies ist, das will er aber ,,noch nicht‘‘ enthüllen.
Außerdem ist van de Stolpe zuversichtlich, dass das Umsatzvolumen in diesem Jahr um 13 % auf rund 100 Mio. Euro gesteigert werden kann. Allerdings wird das 1999 gegründete Biotechnologieunternehmen, das an den Börsen in Amsterdam, Brüssel und New York gelistet ist, in diesem Jahr voraussichtlich noch nicht in die Gewinnzone kommen. Analysten rechnen mit einem Verlust von circa 13 Mio. Euro in diesem Jahr, nachdem der Fehlbetrag 2008 rund 15 Mio. Euro betragen hatte. ,,Die neue strategische Allianz mit Merck ist ein sehr wichtiger Schritt für Galapagos. Insgesamt hat das Unternehmen mit seinen sechs strategischen Allianzen nun ein potenzielles Umsatzvolumen von 2,2 Mrd. Euro vertraglich generiert, das sich in Zukunft in entsprechenden Lizenzeinnahmen positiv niederschlagen dürfte,‘‘ hält Marcel Wijma, Analyst der SNS-Securities fest. Er hat das mittelfristige Kursziel für die Biotechnologie-Aktien daher auf 12 Euro hochgeschraubt. Derzeit pendeln die Galapagos-Aktien um einen Kurs um 7,00 Euro. ,,Außerdem beweist das neue Kooperationsabkommen mit Merck, dass die Amerikaner großes Vertrauen in Galapagos haben, sonst würden sie ihre Zusammenarbeit nicht dermaßen intensivieren,‘‘ betont Wijma. Seit seiner Gründung 1999 ist das Biotechnologieunternehmen, an dem auch der schweizerisch-niederländische Branchenkonkurrent Crucell zu 5,8 % beteiligt ist, stetig gewachsen. Im Oktober 2005 akquirierte Galapagos die Bio Focus im Vereinigten Königreich, ein Jahr später die ebenfalls britische Inpharmatica Ltd. sowie die Sereum Holdings plc in 2008. In Frankreich wurden die Pro Skelia und Pro Strakan übernommen, die hauptsächlich auf dem Forschungsgebiet von Medikamenten gegen Knochenkrankheiten tätig sind. Auf dem Gebiet der Medikation gegen Knochenkrankheiten sowie gegen Infektionen will die im belgischen Mechelen bei Brüssel mit Hauptsitz ansässige Galapagos das führende Biotechnologie-Unternehmen in Europa werden, so die Strategie-Vorgabe. Am Markt ist man nun gespannt darauf, wer der nächste große Partner von Galapagos in der Pharma-Branchesein könnte mit dem derzeit verhandelt wird. Novartis wäre ein solch potenzieller Partner für Galapagos. Die Biotech-Titel sind jedenfalls noch nicht ausgereizt und bieten weiteres Kurspotenzial, da die Lizenzzahlungen für von Galapagos entwickelte Medikamente erst in Zukunft in vollem Umfang fließen werden. Für die zweite Jahreshälfte steht nach Angaben von Galapagos-Chef van de Stolpe bereits eine Zahlung von 192 Mio. Euro an, so dass das Unternehmen auch keine Schwierigkeiten hat, um die hohen Forschungssaufwendungen weiter finanzieren zu können. 21.4.2009
Zuletzt aktualisiert am Sonntag, 26. April 2009 um 16:23 Uhr
ING - Neue Strategie
Donnerstag, 16. April 2009 um 14:21 Uhr
Helmut Hetzel
ING beginnt
2009 ,,signifikant
besser‘‘ als 2008
endete
Neuausrichtung des Banken- und
Versicherungskonzerns
Deutsche ING-Diba-Tochter wird nicht verkauft
Von HELMUT HETZEL
Den Haag. Für den niederländischen Allfinanzkonzern ING hat das Jahr 2009 wesentlich besser begonnen als das Jahr 2008 endete. ING wird ferner umfangreiche Reorganisationen einleiten und plant zwischen zehn und 15 Firmentöchter zu verkaufen. ,,Ich kann feststellen, dass das Ergebnis im ersten Quartal 2009 signifikant besser war als im vierten Quartal 2008,‘‘ stellte der amtierende ING-Chef Jan Hommen während einer Telefon-Konferenz fest. Hommen wollte aber nicht sagen, ob im ersten Quartal rote oder schwarze Zahlen in die Bücher eingetragen wurden.
Im vierten Quartal 2008 hatte die ING einen Verlust von 3,3 Mrd. Euro buchen müssen und rutschte deswegen mit dem Gesamtergebnis 2008 erstmals seit ihrem Bestehen in die roten Zahlen. Das ausführliche Quartalsergebnis I/2009 will die ING am 13. Mai publizieren. Jan Hommen, der im Januar nach dem Rücktritt von Michel Tilmant die Führung der ING übernommen hat, kündigte im Rahmen der strategischen Neuorientierung ferner weitere gravierende Veränderungen an. So sollen die beiden wichtigsten Firmenteile, der Bankensektor und der Versicherungssektor, zwar weiterhin unter dem ING-Dach agieren aber als selbständige Teile und mit einem eigenen Management. ,,Ziel dieser Verselbständigung ist es, effektiver und kundenorientierter arbeiten zu können,‘‘ hob Hommen hervor. In der Finanzbranche wird gemutmaßt, dass dies der erste Schritt zur Aufgabe des Allfinanzkonzepts sein könnte und dass die ING sich mittelfristig in eine Bank und in eine Versicherung aufspalten könnte. Die 1990 aus der Fusion der NMB Postbank und des Versicherers Nationale Nederlanden entstandene ING war bisher einer der wenigen Finanzkonzerne, denen es in der Vergangenheit gelungen ist, das Allfinanz-Konzept erfolgreich umzusetzen. Genährt werden die Spekulationen darüber, dass die ING dieses Modell des kombinierten Bank- und Versicherungsgeschäfts aufgeben könnte, durch Äußerungen des niederländischen Zentralbankpräsidenten Nout Wellink. Wellink stellte gerade fest, ,,dass das Allfinanzkonzept seine beste Zeit hinter sich hat.‘‘ Es passe nicht mehr in die durch die Finanzkrise völlig veränderten Marktverhältnisse, meint der niederländische Zentralbankpräsident.
Außerdem will die ING im Rahmen der strategischen Neuausrichtung künftig zwischen zehn und 15 Firmentöchter verkaufen. Die geplante Desinvestitionen soll dem Finanzkonzern mindestens vier Mrd. Euro in die Kasse bringen. Die geplanten Firmenverkäufe sind nun mehr als doppelt so hoch als die ING im Februar bereits angekündigt hatte. Die Versicherungsparte ING Canada wurde bereits verkauft. Sie brachte 1,4 Mrd. Euro ein. Parallel dazu hat ING-Chef Jan Hommen, ein umfangreiches Kostensenkungsprogramm eingeleitet. Es sieht unter anderem den Abbau von 7000 der insgesamt rund 120.000 Stellen vor. Auch wird die ING die Formel- 1 nicht mehr sponsern, wofür jährlich bis zu 100 Mio. Euro aufgewendet worden waren. Die Aktivitäten in der Ukraine werden eingestellt, die in Polen, Rumänien und der Türkei sollen dagegen ausgebaut werden. Nach Angaben von Jan Hommen will die ING ,,zurück zum Basisgeschäft in dem der Kunde und der Kundenservice wieder zentral stehen muss.‘‘ Schwerpunkt der ING-Aktivitäten solle künftig Europa und insbesondere die Benelux-Region sein. Die ING werde künftig nur noch auf den Märkten weiter präsent sein, wo sie im Banken- und Versicherungssektor eine Spitzenposition einnehme. Die Versicherungssparte solle sich auf das weniger risikovolle Lebens- und Pensionsgeschäft konzentrieren, insbesondere in den USA, kündigte Hommen an. Ferner werde in der Bankensparte das ING-Retailgeschäft mit dem der ING-Direkt-Bank fusioniert. Ein Verkauf der deutschen ING-Direktbank Diba sei ,,nicht geplant,‘‘ sagte Hommen und widersprach damit entsprechenden Berichten in deutschen Medien. Die deutsche ING-Diba sei und bleibe eine Kernaktivität. Hommen schloss aber nicht aus, ,,dass die ein oder andere ING Direkt-Tochter‘‘ verkauft werden könnte. Die ING-Diba ist neben der ING-Direkt USA mit rund sieben Millionen Kunden in Deutschland und Österreich die größte ING-Direktbankaktivität. An der Amsterdamer Börse reagierten die Anleger erfreut auf die neue ING-Strategie. Die ING-Aktien legten am 9. 4. 2009 um 10,33 % auf 5,80 Euro zu und avancierten bis zum 16.4.2009 auf 6,68 Euro. Auf Basis der aktuellen Gewinnschätzungen sind die ING-Aktien für 2009 mit einem KGV von 7 bewertet.
Die von Jan Hommen eingeleitete strategische Neuausrichtung des Allfinanzkonzerns ist erfolgreich angelaufen und wird beschleunigt fortgesetzt. Die ING-Aktien haben daher weiteres Kurspotenzial nach oben. Die amerikanischen Hypotheken-Risikopapiere(Alt-A) sind mehrheitlich an den niederländischen Staat abgegeben worden. ING steht vor einem Neubeginn und reagiert mit der neu definierten Strategie adäquat auf die Finanzkrise. 9.4.2009
Zuletzt aktualisiert am Donnerstag, 16. April 2009 um 14:51 Uhr
,,Mr. Ferrari'' Frits Kroymans ist pleite
Mittwoch, 08. April 2009 um 15:59 Uhr
Helmut Hetzel
,,Mr. Ferrari‘‘
Frits Kroymans -
König der Autohändler im Konkurs
Holländischer Autohändler geht pleite und hebt ab mit neuem Privatjet
Von HELMUT HETZEL
Den Haag. Er war der König der Autohändler in Holland mit Niederlassungen auch in anderen europäischen Ländern, davon allein 15 in Deutschland. Er importierte Marken wie Cadillac, Corvette, Alfa Romeo, Hummer, Saab, Opel, Jaguar, Ferrari, Maserati, Ford, Land Rover, Aston Martin, Nissan, Volvo, Fiat, Lancia und noch einige andere mehr. Frits Kroymans betrieb 300 selbständige Autohandelshäuser in den Niederlanden und in Europa. Fast jeder kannte den flamboyanten Unternehmer in den Niederlanden. Der 68jährige Frits Kroymans war ein Star. Jetzt ist er pleite. Genauer gesagt, nicht er, sondern eine seiner beiden Holdings musste Konkurs anmelden, nämlich die, die Autos verkauft. Die andere, die Citadel Holding, die im Im- und Export von Maschinenteilen tätig ist, floriert auch in der Krise. Sie ist gesund. Aber rund 1000 Mitarbeiter der Kroymans Auto Holding müssen nun um ihren Arbeitsplatz fürchten. Frits Kroymans allerdings scheint seine Schäfchen im Trockenen zu haben. Denn er bestellte sich gerade einen neuen Privatjet des Typs ,,Cessna Citation Jet 3.‘‘ Preis: sieben Millionen Dollar. Während sein Auto-Imperium pleite geht und seine Mitarbeiter arbeitslos werden, hebt der Autohändler mit seiner Cessna ab. Wie sang schon Reinhard Mey:Über den Wolken soll die Freiheit ja grenzenlos sein.
Angeblich soll Kroymans ein Privatvermögen von 400 Mio. Euro angesammelt haben. Doch die Schulden der Kroymans Auto Holding werden auf rund eine Milliarde Euro geschätzt. Dafür aber haftet die Holding, nicht der Privatmann Frits Kroymans. Die Holding sitzt auf mindestens 3000 nagelneuen Cadillacs, die niemand mehr haben will. Auch die vielen Hummer, die ,,Mr. Ferrari‘‘ eingekauft hat, sind jetzt nicht mehr an den Mann oder die Frau zu bringen. Der Hummer ist mega-out. Keiner will das Monster auf vier Rädern mehr.
Der bescheidene Wohnsitz eines holländischen Autohändlers
Viele seiner meist gutbetuchten Kunden indes bangen nun um ihr Geld. Denn obwohl der Absatz beispielsweise für den Hummer total eingebrochen ist und auch die GM-Tochter Saab in Schweden schon Konkurs anmelden musste, gab und gibt es auch in diesen schweren Krisenzeiten vor der Konkursanmeldung von Kroymans in den Niederlanden und anderswo in Europa noch viele reiche Leute, die sich bei Frits Kroymans einen neuen Jaguar, Maserati oder einen Land Rover bestellt hatten. Ihr Pech jetzt: Die Anzahlung, die sie für ihr neues Auto bei der nun insolventen Kroymans Auto Holding getätigt haben, sie ist wahrscheinlich weg. Denn aus der Konkursmasse der Auto Holding werden zu erst die Mitarbeiter bedient und deren Gehälter bezahlt. Die zweite Geige als Gläubiger spielt dann der niederländische Staat, der die noch ausstehenden Steuern abkassieren wird. Wenn dann noch etwas übrig ist aus der Konkursmasse von Kroymans Auto Holding, dann erst werden die übrigen Gläubiger bedient, also auch die Kunden, die schon eine Anzahlung für ihre neue Luxus-Limousine bei Kroymans geleistet hatten.
Nicht im Kroymans-Sortiment: Bugatti mit Begleiterin
Die Pleite des Königs der Autohändler löste auch einen Warnruf des Verbraucherschutzverbandes an alle potenziellen Autokäufer aus. Er lautet: Seien Sie vorsichtig mit Anzahlungen an die Händler beim Neu- oder Gebrauchtwagenkauf. Mehr als ein, maximal zwei Prozent der Kaufsumme sollte der Käufer auf keinen Fall anbezahlen. Die Warnung kommt gerade zum richtigen Zeitpunkt. Denn die niederländische Regierung hat beschlossen, dem deutschen Vorbild zu folgen und ebenfalls eine Abwrack-Prämie einzuführen, so dass in Holland bald auch mit einem Ansturm der Käufer auf die Autohäuser zu rechnen ist. Der niederländische Automobilclub ANWB rät seinen Mitgliedern inzwischen sogar, überhaupt keine Anzahlungen mehr zu tätigen. ,,Sicher nicht, wenn man bei Kroymans aus der Konkursmasse sich noch ein Schnäppchen sichern will,‘‘ sagt ANWB-Sprecher Ad Vonk. ,,Erst bezahlen, wenn das Auto auf den Käufer überschrieben und zugelassen ist. Und dann am besten bar, wenn man die Autopapiere in Händen hält. Das ist das Sicherste. Dann gehört einem das Auto und man kann es direkt bezahlen.‘‘ Aber Frits Kroymans dürften solche Ratschläge und rein irdischen Probleme wohl nicht mehr besonders interessieren. Er fliegt jetzt durch die Gegend in seiner nagelneuen Cessna. Völlig abgehoben. 2.4.2009
Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, 08. April 2009 um 17:01 Uhr
Business Shortstay in Den Haag
Dienstag, 07. April 2009 um 16:50 Uhr
Helmut Hetzel
,,Wir fahren auf einem
Schiff auf dem der
Kompass
ausgefallen ist,
auf der Suche nach
Land‘‘
,,Service ist für mich das
Wichtigste''
HM-HetzelMedia-Interview mit der Haager Unternehmerin Myrna Brest van Kempen
Von HELMUT HETZEL
Den Haag. Ihr Lachen ist umwerfend und wenn sie über Aktienkurse redet, entfaltet sich ihr Temperament und ihr ökonomisches Wissen. Denn die Börse fasziniert sie. Sogar noch in diesen schlechten und turbulenten Börsenzeiten. Aber auch auf dem Immobilienmarkt kennt sich Myrna Brest van Kempen bestens aus. Die Haager Top-Unternehmerin hat nun ein neues Konzept entwickelt, das die niederländische Regierungs- und UN-Metropole Den Haag für Besucher noch attraktiver macht: Die Business-Shortstay Apartments. Sie sind die perfekte Alternative zu den oft viel zu teuren Hotels in Den Haag - der Welthauptstadt des Rechts und der Justiz, einer Stadt, wo auch Europas größtes Unternehmen, der Ölkonzern Royal Dutch Shell, seinen Hauptsitz hat und wo gleich zwei Seebäder Scheveningen und Kijkduin zum Strandurlaub locken.
F: Was ist das Besondere an den Business-Shortstay-Apartments, die Sie anbieten?
A: Sie sind sehr komfortabel und sie bieten Privatheit. Sie befinden sich in bester Lage in Den Haag. Ich kann sie mit einem richtigen Hotelservice und mit Catering ausstatten, wenn man das bei mir bucht. Die Apartments sind der ideale Ort für einen kürzeren Aufenthalt von drei bis vier Tagen oder einen längeren Aufenthalt - oder für eine intime Hochzeitsnacht oder gar Flitterwochen. Ich biete für meine Gäste einen individuellen Service. Denn Service ist für mich das Wichtigste.
F: Wer bucht Ihre Haager Apartments?
A: Hauptsächlich Geschäftsleute, die auch in Ruhe dort arbeiten oder Gäste empfangen wollen. Aber auch Touristen, die für einen kurzen oder längeren Urlaub nach Den Haag und ins Kurbad Scheveningen kommen und die die Privatheit in den Service-Apartments den öffentlich zugänglichen Hotels vorziehen.
F: Sie sind eine multifunktionale Unternehmerin, sind auch an der Börse engagiert und Sie waren sogar in der Gastronomie aktiv. Bringt Sie die Börse derzeit nicht zur Verzweiflung?
A: Es ist für Anleger nicht gerade erfreulich, was sich derzeit an der Börse abspielt. Aber die Börse an sich ist natürlich faszinierend, weil sie wirtschaftliche Entwicklungen nicht nur widerspiegelt, sondern sie auch vorweg nimmt.
F: Apropos vorwegnehmen. Wann geht es wieder aufwärts an der Börse und dann hoffentlich auch mit der Weltwirtschaft?
A: Wer das richtig prognostizieren kann, wird morgen Millionär sein. Wir befinden uns mitten in einer tiefen weltweiten Krise und Rezession. Wir müssen alle den Gürtel enger schnallen. Ich bin aber überzeugt davon, dass es wieder aufwärts gehen wird.
F: Wagen Sie eine Prognose...
A: ...in zwei, drei Jahren ist alles vorbei. Aber 2009 und 2010 werden zwei sehr harte Jahre für uns alle. Die Entlassungswelle rollt bereits, die Pleitewelle wird folgen. Er wird noch weiter bergab gehen, bevor es dann wieder aufwärts gehen kann.
F: Was halten Sie als Unternehmerin von den politischen Reaktionen auf die Krise. Dem Deficit Spending á la John Maynard Keynes und den damit horrend steigenden Staatsschulden? Die USA und die Briten haben bereits die Notenpresse angeworfen.
A: Ich verstehe diese Reaktionen auf die Krise. Aber ich hoffe, unsere Regierungen haben auch einen Plan B oder einen Plan C, wenn ihr Plan A nach Keynes nicht funktionieren sollte...
F: ... es sieht aber nicht danach aus...
A: Bisher nicht. Aber es gibt auch keine wirkliche Alternative als nun viel Geld in die Wirtschaft zu investieren, damit sie wieder anspringt. Die Zeit wird lehren, ob das das richtige Rezept war. Um ehrlich zu sein, niemand weiß derzeit wohl, was das richtige Konzept zur Bekämpfung der Krise ist. Wir fahren auf einem Schiff auf dem der Kompass ausgefallen ist und sind auf der Suche nach Land.
F: Und wer ist der Kapitän?
A: Das ist zweifellos US-Präsident Barack Obama. Er tut sein Bestes, um neuen Schwung in die Wirtschaft zu bringen, in finanzieller und in psychologischer Hinsicht.
F: Wie schätzen Sie als niederländische Unternehmerin das Krisenmanagement der Haager Regierung ein?
A: Premier Jan Peter Balkenende tritt dabei nicht so sehr in Erscheinung. Finanzminister Wouter Bos hat sich als Krisenmanager positioniert. Insgesamt aber folgen wir - wie fast immer - den Amerikanern. Die USA sind und bleiben für die Niederlande der wichtigste Orientierungspunkt. Wirtschaftlich und Kulturell. Wenn die Amerikaner ins Wasser springen, dann springen wir Niederländer mit.
F: Vielen Dank für das Gespräch.
Blick in eines der Top-Apartments für einen Business Shortstay in Den Haag
Kurzportrait Myrna Brest van Kempen
Charismatische und vielseitige Unternehmerin
Htz. Sie liebt ihre Geburtsstadt Den Haag in der sie heute wieder lebt. Aber trotzdem hat sie Den Haag in jungen Jahren verlassen, um in Kanada neue, internationale Erfahrungen zu sammeln. Zehn Jahre von 1991 bis 2001 lebte Myrna Brest van Kempen in Montreal, wo sie unter anderem Marketing und Französisch studierte und dort ihre Leidenschaft für gutes Essen und Trinken umsetzte, indem sie ein italienisches Restaurant eröffnete. ,,Vertige‘‘ hieß es.
Im Jahr 2001 kehrte sie in die Niederlande zurück. Sie spricht außer ihrer Muttersprache Niederländisch, Englisch, Deutsch und Französisch. Die Gastronomie-Erfahrung inspirierte die 40jährige charmante Allround-Unternehmerin ferner dazu, um sich zur Vinologin ausbilden zu lassen. ,,Service ist für mich das Wichtigste, aber ein guter Wein gehört auch zu einem guten Essen, das ist Lebensqualität,‘‘ meint sie. Was sind ihre Lieblingsweine?
Antwort: ,,Ein italienischer Barolo oder Amarone, ein Vosne Romaneé, Pomerol aus Frankreich und ein kalifornischer Opus One bei ganz besonderen Anlässen.‘‘
Weitere Hobbys von Myrna Brest van Kempen sind: Sport, Golf, die Börse, Wein, Musik, Jazz und Oper und natürlich: Mode sowie reisen. ,,Ich liebe es, andere Kulturen und andere Menschen, andere Lebensstile kennenzulernen. Das inspiriert mich,‘‘ sagt die vielseitige Unternehmerin. Italienische Opern hört sie am liebsten sowie Andrea Bocelli, aber auch Stevie Wonder, Michael Bublé und Angie Stone haben es ihr angetan.
Sich wohl fühlen in Den Haag - nicht im Hotel, sondern im privaten Apartment