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Wirtschaft


Nout Wellink: Kreditkrise kostet bis zwei Billionen Euro

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Nout Wellink Wellink’s Spinnen-Theorie
 
Gespräch mit dem niederländischen Zentralbankpräsidenten Nout Wellink 
  
Von HELMUT HETZEL
 
Den Haag. Die nun schon über ein Jahr dauernde internationale Finanzmarktkrise ist noch lange nicht ausgestanden, geschweige denn zu Ende. Und sie wird noch teurer. ,,Sie kann uns zwischen einer und zwei Billionen Euro kosten. Bisher sind bereits 500 Milliarden Euro von den Finanzinstituten abgeschrieben worden. Denn diese Krise ist anders als andere Krisen. Sie dauert länger als gedacht, und sie ist tiefer als zunächst angenommen,‘‘ sagt Nout Wellink, Präsident der Niederländischen Zentralbank (DNB) und Mitglied des Vorstandes der Europäischen Zentralbank EZB in Frankfurt/M..
Wellink, der am 1. Juni 1997 die Nachfolge des inzwischen verstorbenen ehemaligen DNB- und EZB-Präsidenten Wim Duisenberg an der Spitze der DNB antrat, verkneift es sich aber, eine Prognose abzugeben, wie lange die Finanzkrise noch dauern werde. ,,Ein Ende ist jedenfalls noch nicht in Sicht. Das gilt auch für die Immobilien- und Hypothekenkrise in den USA, die alles ausgelöst hat. Die Erfahrung lehrt aber, dass solche Krisen meist zwei bis drei Jahre dauern können,‘‘ stellt der 65jährige Wellink fest. Man solle angesichts der jetzigen Krise jedoch nicht zu pessimistisch aber auch nicht zu optimistisch sein. ,,Wir werden aber auch diese Krise überstehen, weil sich die Finanzinstitute an die neuen Verhältnisse anpassen müssen und werden.‘‘
Die Anpassungsprozess sei bereits in vollem Gange, meint der niederländische Notenbankchef. Mit Blick auf die gerade beschlossene Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank in Deutschland, hält Wellink im Gespräch mit unserer Zeitung weiter fest: ,,Das ist wohl der Auftakt zu einer neuen Konsolidierungsrunde in der europäischen Bankenlandschaft. Deutschland hat in dieser Hinsicht noch einen Nachholbedarf. Sobald sich die Finanzmarktkrise abschwächt, werden wir wohl weitere Übernahmen und Fusionen im Bankensektor sehen.‘‘
Angesprochen auf die Frage, ob das Benelux-Finanzinstitut Fortis ausreichend finanzielle Puffer habe, um die milliardenschwere Akquisition der niederländischen ABN Amrobank bis Ende 2009 erfolgreich abzuschließen, antwortet Wellink: ,,Sie werden verstehen, dass ich dazu öffentlich nichts sagen kann. Wir beobachten aber alles sehr genau.‘‘
Noch eine andere Sorge aber treibt den niederländischen Zentralbankchef um. Es ist die steigende Inflation. ,,Sie konnte angesichts der immer weiter steigenden Energie-, Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise nicht ausbleiben. Wir müssen die Inflation aber in den Griff bekommen.‘‘ Daher habe er der niederländischen Regierung auch vehement davon abgeraten, die Mehrwertsteuer erneut zu erhöhen so wie das für den 1. Januar 2009 geplant war. ,,Dass Den Haag meinen Rat befolgt hat, freut mich natürlich,‘‘ stellt er fest.
,,Wir müssen aber auch sehen, dass wir in einer anderen, in einer neuen Welt leben. Seit China und Indien mit ihren zusammen rund 2,3 Milliarden Einwohnern aktiv den Weltmarkt betreten haben, hat sich alles grundlegend verändert. Nichts ist mehr  so, wie es einmal war.‘‘ Dann holt Wellink, der 1975 an der renommierten Rotterdamer Erasmus-Universität über ,,Einkommenselastizität im niederländischen Steuersystem‘‘ promovierte, nochmals zu einer Erklärung über das Entstehen der heutigen internationalen Finanzmarktkrise aus. Selbstkritisch stellt er fest: ,,Vielleicht haben auch wir Zentralbanker versagt. Vielleicht haben wir zu spät und nicht laut genug gewarnt und zu spät eingegriffen. Aber durch die Rettung der US-Bank Bear Stearns konnte wenigstens ein Domino-Effekt verhindert werden.‘‘ Sorge bereitet Wellink, dass die Finanzmarktkrise nun auch auf die reale Ökonomie übergegriffen hat. ,,Die verschärfte Kreditvergabe führt zu höheren Zinsen und  höhere Zinsen bremsen die Investitionsvorhaben von Unternehmen. Das wirkt sich negativ auf die Konjunktur aus.‘‘
 
Nach Meinung des niederländischen Notenbankchefs ,,ist alles an den Märkten sehr komplex geworden. Durch die globalisierten Märkte, den rasanten und blitzschnellen elektronischen Datenaustausch und die immer neuen Produkte, insbesondere im Bereich der Derivate, sind die Märkte nicht mehr so überschaubar und berechenbar wie früher.‘‘ Wellink weiter: ,,Früher hatten wir unsere Modelle und Modellberechnungen, die mehr oder weniger gut zukünftige Marktentwicklungen zumindest einigermaßen zutreffend prognostizieren konnten. Damit ist es jetzt aber endgültig vorbei. Wir müssen jetzt permanent ein riesiges globales Netzwerk beobachten und analysieren, ohne genau zu wissen, was gerade darin vorgeht. Es ist, als ob wir vom Schreibtisch aus auf eine Spinne mit ihrem Netzwerk starren und darauf warten müssen, in welche Richtung sie sich bewegen wird. Geht sie nach links oder geht sie nach rechts. Erst dann können wir auf die Bewegung der Spinne reagieren.‘‘
 
 
 
 
/ Textende / Copyright © by HELMUT HETZEL / Den Haag /

 

Zuletzt aktualisiert am Montag, 02. März 2009 um 21:53 Uhr
 

Interview mit Michel van der Stee, Chefökonom der renommierten niederländischen Privatbank F. van Lanschot, über die aktuelle Wirtschafts- und Börsenkrise

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,,Banker sind nicht mehr die ,,Masters of the Universe‘‘

Mit van der Stee sprach in ´s-Hertogenbosch Benelux- Korrespondent HELMUT HETZEL
 
Die Aktienkurse seien viel tiefer, als es eine Rezession rechtfertigt, meint Michel van der Stee, der in den Niederlanden als oft zitierter Chefökonom und Chief Investment Officer (CIO) der angesehenen 1737 gegründeten Privatbank F. van Lanschot einem breiten Publikum weit über die heimische Finanzszene hinaus bekannt ist. Weitere Börsenrückschläge  seien nicht auszuschließen. Es brauche Zeit, bis die Krise überwunden sei. 2009 werde ein sehr schwieriges Jahr. Die Konjunkturerholung setze frühestens im zweiten Semester 2010 ein, meint er.
 
F: Herr van der Stee, ist die anhaltende panikartige Stimmung an den Finanzmärkten gerechtfertigt?
 
A: Ja, die Nervosität ist durchaus gerechtfertigt. Was wir in den vergangenen Monaten erlebt haben, gab es seit den Dreißigerjahren des vergangenen Jahrhunderts nicht mehr. Solch eine Anzahl Finanzinstitute, die zusammenbrechen, verstaatlicht werden, Kapitalspritzen brauchen. In den USA die Hypothekenbanken Funnie Mae und Freddie Mac, der Versicherer AIG, die Investmentbanken, die übernommen wurden, der Konkurs von Lehman Brothers. Dasselbe Bild in Europa: Im Benelux das Debakel von Fortis; ING, Aegon, Dexia und KBC benötigten staatliche Finanzspritzen. Auch in Großbritannien, Deutschland und der Schweiz mussten die Regierungen Hilfe leisten – das ist einzigartig.
 
F: Warum hat sich die Situation an den Finanzmärkten trotz der gigantischen internationalen Notpakete nicht beruhigt?
A: Zuerst hatten wir den Paulson-Plan. Er kam spät und hatte Mängel. Schließlich wurde er den europäischen Maßnahmen angepasst, die vor allem eine Stärkung der Bankbilanzen sowie Staatsgarantien für Interbankkredite und Sparguthaben umfassen. Wir haben in den vergangenen Wochen eine gewisse Normalisierung im Kreditmarkt gesehen. Die Interbankensätze sind gesunken. Das Vertrauen in das Finanzsystem als Ganzes wurde durch die umfangreichen Hilfspakete stabilisiert. Mit ihnen ist die große Kluft, die zwischen den bisher ausgewiesenen Verlusten von rund 700 Mrd. $ und der Rekapitalisierung der Institute herrschte, geschlossen worden. Doch es ist noch lange nicht alles überstanden. Ausgehend von einem geschätzten Gesamtverlust von rund 2000 Mrd. Dollar sind wir vielleicht auf halbem Weg.
 
F: Wie lange wird es dauern, bis die Finanzmarktkrise überwunden ist?
A: Das ist die Gretchenfrage. Man darf den riesigen Schuldenberg nicht vergessen, den die Amerikaner in den vergangenen Jahren angehäuft haben. Um den abzubauen, braucht es Zeit. Die Häuserpreise sinken weiter. Die Einkommen stehen unter Druck. Es werden kaum mehr neue Kredite vergeben. Der Privatkonsum wird in den USA die kommenden ein, zwei Jahre nicht mehr steigen. Andererseits hat Amerika eine sehr flexible und innovative Wirtschaft. Wenn die Amerikaner eine Zeit lang gespart haben und die Balance wieder hergestellt ist, kann sich die Situation rasch verbessern.
F: Wie beurteilen Sie die Gefahr einer Deflation?
A: Die Geldmenge stieg in den vergangenen Jahren schneller als die wirtschaftliche Leistung. Die Liquiditätsschwemme führte in verschiedenen Bereichen – Immobilien, Energie, Rohstoffe, Nahrungsmittel – zu einer Preishausse. Dieser Boom ist nun vorüber. Das muss nicht in einer Deflation enden. Was jetzt passiert, ist aber sehr deflatorisch. Wir sehen den Preisverfall der Vermögenswerte. Doch die Konsumentenpreise werden wahrscheinlich nicht folgen. Der Konsum lässt sich durch tiefere Preise nicht wiederherstellen. Wichtig ist, dass das Vertrauen wiederhergestellt wird. Der Punkt ist, dass hohe Realzinsen resultieren können, auch wenn die Nominalzinsen gegen Null tendieren. Das bedeutet, dass mit einem sinkenden Preisniveau die Schulden schwerer wiegen. Die Deflationsspirale mit rückläufiger Produktion und fallenden Löhnen erlebte Japan in den Neunzigerjahren, wobei die Konsumentenpreise in dieser Periode kaum sanken.
A: Hilft die keynesianische Wirtschaftpolitik mit staatlichen Investitionsprogrammen aus der Krise?
A: Das kann helfen, wenn beispielsweise in die Infrastruktur investiert wird, nicht aber wie Anfang Jahr in Amerika in die Stimulation des Privatkonsums. Die Investitionen sollten in der Realwirtschaft erfolgen. Das ist das beste Rezept, um gegen die Rezession vorzugehen.
F: Wann wird der Konjunkturabschwung enden und die Weltwirtschaft wieder in Schwung kommen?
A: Hoffentlich wird es nicht zum Horrorszenario einer Depression kommen. Ich gehe aber davon aus, dass die richtigen Entscheide getroffen worden sind, um den Worst Case zu vermeiden. Es braucht aber Zeit, bis die Krise überwunden ist. 2009 wird ein sehr schwieriges Jahr. Die Konjunkturerholung wird nicht vor der zweiten Jahreshälfte 2010 einsetzen.
 
 
F: Was halten sie von einer Gold-Anlage?
 
A: Gold ist eine gute Alternative. Der Preis pro Unze fiel dieses Jahr von 1000 auf unter 700 $ pro Unze und beträgt nun rund 730 $. Derzeit belasten die deflationären Tendenzen in der Wirtschaft. Langfristig wird aber die Inflation wieder zurückkehren. Historisch betrachtet müsste der Goldpreis viel höher sein.
F: Wie wird der Finanzsektor nach der Krise aussehen?
A: Das weiß niemand. Er wird künftig aber viel mehr reguliert und anders organisiert sein. Die Banken müssen zurück zum Basisgeschäft. Die Zeiten, in denen die Banker dachten, sie seien die ‹Masters of the Universe› sind definitiv vorbei.
 
F: Vielen Dank für das Gespräch.
 
 
Zur Person: Michel van der Stee
 
Am Hauptsitz von F. van Lanschot in ’s-Hertogenbosch im Süden der Niederlande entwirft Michel van der Stee die Anlagestrategien der noblen Privatbank, die zu den besten Adressen in den Benelux-Ländern gehört und bisher von der Finanzmarktkrise weitgehend verschont blieb.
Der 47-jährige Ökonom, der seine Karriere nach dem Volkswirtschaftsstudium an der Universität Groningen bei Chase Manhatten in den Niederlanden begann, ist bereits seit 1988 für Van Lanschot in verschiedenen Funktionen tätig. 2002 wurde er zum Chefökonom und Chief Investment Officer (CIO) berufen. Van der Stee ist verheiratet und Vater von drei Kindern (eine Tochter, zwei Söhne). In der Freizeit spielt er gerne Schach und Poker. Im Winter geht er zum Skifahren nach Italien, wo er die Küche und die Weine besonders schätzt. (Htz)
 
 
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Zuletzt aktualisiert am Sonntag, 08. Februar 2009 um 10:04 Uhr
 

Interview mit Gerard Kleisterlee, CEO Royal Philips Electronics NV

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Gerard KleisterleeMit Kleisterlee sprach in Amsterdam  Benelux-Korrespondent Helmut Hetzel
 
F: Herr Kleisterlee, die Finanzmarktkrise dauert an. Wirkt sie sich auf Philips aus?
 
A: In den USA merkt man, dass die Wirtschaft sich langsamer entwickelt. Auch in Europa ist einiges von der Finanzmarktkrise spürbar, in Asien und insbesondere in China aber recht wenig. Aber die Krise könnte sich im Konsumentenvertrauen niederschlagen, was in den USA schon zu beobachten ist. Dennoch bin ich, was Philips angeht, zuversichtlich. Denn wir sind heute gegen einen wirtschaftlichen Rückgang besser gewappnet als noch vor fünf sechs Jahren. Philips ist jetzt weniger zyklisch…
 
F: … Was auf den Verkauf der Halbleitersparte zurückzuführen ist. Wie entwickeln sich die Geschäfte in den drei verbliebenen Philips-Sparten: Licht, Gesundheit und elektronische Lifestyle-Produkte?
 
A: Die Welt braucht mehr Technologie. Das macht sich besonders im Gesundheitsbereich bemerkbar. Durch unsere Frühdiagnose-Technologie (Clinical Imaging) können wir Krankheiten frühzeitig erkennen, so dass diese rechtzeitig behandelt werden können. Das trägt zu einer Kostensenkung im Gesundheitssektor bei. Im Sektor Licht setzen wir auf die energiesparende und umweltfreundliche Beleuchtungstechnologie LCD und  sind auf diesem Gebiet gut positioniert. Was den elektronischen Lifestyle-Sektor betrifft, so müssen wir uns möglicherweise auf Auswirkungen der Finanzmarktkrise einstellen.
 
F: In der Gesundheitssparte gab es für Philips im vergangenen Jahr Absatzprobleme, insbesondere in den USA wegen eines neuen Gesetzes dort. Ist das Tief überwunden?
 
A: Die USA haben das so genannte Gesetz  ,,Defict Reduction Act‘‘ zur Reduzierung der Kosten im Gesundheitswesen erlassen. Dessen Auswirkungen haben wir insbesondere in 2006 und in 2007 gespürt. So ein Effekt ebbt nicht gleich weg. Aber wir stellen jetzt fest, dass die Umsätze in den USA in der Gesundheitssparte wieder anziehen.
 
F: Die niedrigeren Umsätze in den USA im Sektor Healthcare drückten zeitweilig auch auf die Margen. Ist das nun überwunden?
 
A: Wir sehen: Höhere Verkäufe wirken sich auch positiv auf die Gewinnmargen aus. Sie steigen wieder.
 
F: Die EU-Kommission hat nun grünes Licht für die Übernahme des US-Unternehmens Respironics geben. Wie wird Respironics das Philips-Geschäft verstärken?
 
A: Wir erwerben mit Respironics ein Unternehmen, das erst am Anfang seiner Entwicklung steht. Respironics verfügt über eine starke Marktposition im Bereich ,,Home Healthcare.‘‘ Mit der Respironics-Technologie kann man Schlafstörungen von Menschen diagnostizieren. Bisher sind solche Schlafstörungen erst bei 15 % bis 20 % aller Patienten bekannt. Viele Menschen auf der Welt wissen noch überhaupt nicht, dass sie Schlafstörungen haben.
Respironics hatte daher  bisher ein Wachstumspotenzial von 15 % jährlich und erwirtschaftete hohe durchschnittliche Gewinnraten zwischen 15 % und 16 %. Mit der Übernahme setzen wir unsere Strategie um, die Pflege im Krankenhaus und die Pflege zu Hause zu koppeln und zu integrieren. Das ist ein vielversprechendes Konzept für die Zukunft. Vor allem auch angesichts der demografischen Entwicklung der Weltbevölkerung.
 
F: War der Preis von umgerechnet 3,6 Mrd. Euro, den Philips für Respironics bezahlt, nicht zu hoch?
 
A: Angesichts der hohen Wachstumschancen von Respironics war es ein fairer Preis.
 
F: Welche Umsatz- und Ertragsperformance hatte Respironics in 2007?
 
A: ……
 
F: Auf der Bilanz-Pressekonferenz Anfang des Jahres  sagten Sie in Sachen Portfolio-Management: Alle Optionen sind offen. Stehen ganze Firmenteile oder Business Units wie etwa das TV-Geschäft zum Verkauf?
 
A: Wir setzen auf unsere Innovationskraft, die Marke Philips, höhere Renditen und einen selektiven Produktmix mit dem diese erwirtschaftet werden können. Auch eine optimale Kombination von Produkt und Vertrieb ist wichtig, um unsere Marke geografisch an den Märkten bestens zu platzieren. In den USA beispielsweise sind wir mit Rassierern und Zahnpflegeprodukten stark, in China mit Küchengeräten. Unser TV-Gerät Aurea ist ein voller Erfolg. Es geht in unserer Strategie um die optimale Produkt-Markt-Kombination. In manchen Märkten sind unsere Produkte sogar zeitweilig ausverkauft, so groß ist derzeit die Nachfrage.
 
F: Welchen Beitrag erwarten Sie aus den beiden
Übernahmen Respironics und Genlyte für die Gesundheits- bzw. die Lichtsparte von Philips in der Zukunft?
 
A: Über Respironics haben wird schon gesprochen. Zur Lichtsparte: Der Beleuchtungsmarkt ist voll in Bewegung. Es geht weg von der Glühbirne und hin zur Energie-effizienten und umweltfreundlichen LED-Beleuchtung. Sie ist auch kostengünstiger. Es wird eine grüne Wende beim Licht geben. Sie wird hohe Wachstumsraten für die neuen Beleuchtungssysteme zur Folge haben. Denn die hohen Energiepreise zwingen zum Sparen. Sie fördern die Nachfrage nach energiesparenden Beleuchtungssystemen.
 
F: Werden die Genlyte- und die Respironics-Akquisition für 2008 bereits einen positiven Beitrag zur Verbesserung des Gewinns je Aktie liefern?
 
A: Sobald die Akquisitionen abgeschlossen sind, und die beiden Unternehmen in die Philips-Gruppe integriert sind,  werden sie zur Steigerung unserer Gewinne beitragen. Das wird sich in einer Verbesserung des Resultats je Philips-Aktie schon in diesem Jahr niederschlagen.
 
F: Erwarten Sie noch positive Impulse von der bevorstehenden Olympiade in Peking etwa für den Verkauf von Produkten der Philips-Unterhaltungs-Electronic?
 
A: Kaum. Die Produkte, die durch solche Mega-Sport-Ereignisse mehr Umsatz einspielen, haben meist geringe Renditen, wie etwa das TV-Geschäft. Daher erwarte ich keinen großen Umsatz- oder Gewinnschub in Folge der Olympischen Spiele.
 
F: Ende 2007 präsentierten Sie ihre mittelfristige Wachstumsstrategie Vision 2010. Demnach soll die Ebita-Marge von bisher 7,5 % auf dann 10 % gesteigert werden und der Umsatz um durchschnittlich 6 % jährlich wachsen. Braucht die Strategie ein Fine-Tuning? – Muss sie angepasst werden?
 
A: Es ist eine mittelfristige Strategie für die bisher keine Anpassungen notwendig sind. Mit unseren strategischen Kernzielen, etwa um auf Gesundheit und Wohlbefinden von Menschen zu setzen, liegen wir voll im Trend. Die bis 2010 gesteckten Ertrags- und Umsatzziele müssen daher nicht angepasst werden. Wir wollen sie erreichen.
 
F: Führen Sie derzeit Gespräche mit Hedge-Fonds?
 
A: Wir sind immer im Gespräch mit allen unseren Aktionären, also auch mit Hedgefonds. Die Kontakte sind intensiv. Nach jedem Quartal führen wir solche Gespräche.
 
F: Aber die Philips-Aktien sind nicht zuletzt auch wegen der aktuellen Börsen-Baisse mit rund 26 Euro stark unterbewertet, meinen viele Analysten. Ist Philips mit einer Börsenkapitalisierung von rund 26 Mrd. Euro nicht ein attraktives Ziel für Hedge Fonds?
 
A: Wir kennen die Analysten-Rapporte. Was sie schreiben, deckt sich auch mit der Einschätzung vieler unserer Anleger. Aber die Aktionärsstruktur von Philips hat sich inzwischen geändert. Es gab eine Umschichtung, weil wir nach dem Verkauf der Halbleitersparte kein zyklisches Unternehmen mehr sind. Langfristig orientierte Anleger sind bei uns eingestiegen. Die Anleger, die mehr auf zyklische Werte setzen und kurzfristig denken und schnell Gewinne machen wollen, haben sich von der Philips-Aktie weitgehend verabschiedet.
 
F: Sie streben eine effiziente Bilanz an. Was verstehen Sie darunter? Welches Gearing (Nettoverschuldung: Eigenkapital) streben Sie an?
 
A: Wir wollen das gegenwärtige Rating, das wir von Moody’s und Standard & Poors erhielten, halten. Das heißt eine A3 bzw. eine A-  Bewertung. Wir müssen nun unsere Übernahmen – Genlyte und Respironics  - finanzieren, die fälligen Dividendenzahlungen ausschütten  und dann endet die schuldenfreie Zeit mit der Netto-Cash-Position für Philips.
 
F: Was heißt das im Klartext?
 
A: Das heißt, dass wir uns Schulden bis in einer Höhe von bis zu fünf Mrd. Euro leisten können, ohne dass unser jetziges Rating in Gefahr gerät.
 
F: Das ist eine starke Finanzposition. Denn Philips hatte Ende 2007 noch stolze 8,769 Mrd. Euro an Bargeld in der Kasse. Sie haben also einen komfortablen finanziellen Spielraum. Weitere Beteiligungsverkäufe, wie die an dem taiwanischen Halbleiterhersteller TSMC oder an dem Flachbildschirmhersteller LG Philips LCD stehen an. Das spült neues Geld in die Kasse. Was tun Sie mit den Milliarden? Schütten Sie eine Sonderdividende aus, wird das Aktienrückkaufprogramm verlängert? Kaufen Sie weitere Firmen zu?
 
A: Wir bevorzugen den Aktienrückkauf gegenüber einer Sonderdividende. Denn Aktienrückkäufe können nach dem neuen niederländischen Recht steuerfrei vorgenommen werden. Ferner sind wir für Konsistenz in der Dividendenpolitik. Momentan läuft ein Aktienrückkaufprogramm mit einem Volumen von fünf Mrd. Euro, das bis Ende 2009 ausgeführt werden soll.
 
F: Das wurde eben erst gestartet. Wie viele eigene Aktien hat Philips bereits zurückgekauft?
 
A: Wir haben bisher 801 Mio. Euro für den Rückkauf aufgewendet und durchschnittlich einen Preis von 26 Euro je Anteilschein bezahlt. Es gibt aber die Option, den Aktienrückkauf mit einem neuen Programm über 2009 hinaus zu verlängern.
 
F: Bleibt noch die dritte Möglichkeit, vorhandenes Geld für Akquisitionen einzusetzen. Sie haben sicher eine Short-List von potenziellen Übernahmekandidaten…
 
A: … nicht nur eine Short-List. Wir haben eine lange Liste von Firmen für die wir uns interessieren.
 
F: Welche das sind, das werden Sie wahrscheinlich nicht verraten. Was sind Ihre Akquisitionskriterien?
 
A: Das wichtigste Kriterium ist, dass wir mit einer Übernahme ein attraktives ,,Return on Investment‘‘ realisieren können, von dem unsere Aktionäre profitieren können. Wir wählen streng aus, welche Unternehmen zur Philips-Gruppe passen könnten oder nicht.  Sie müssen einen Mehrwert generieren, nur dann sind sie interessant.
 
F: Auch wenn Sie verständlicherweise keine Namen von potenziellen Übernahmekandidaten nennen können, bietet sich die Imaging-Sparte der belgischen Agfa Gevaert-Gruppe derzeit doch als Kauf an, nachdem Agfa in eine Krise rutschte  und derzeit vergleichsweise billig zu haben ist. Haben Sie Interesse?
 
A: Wir interessieren uns nur für erstklassige Unternehmen, die keinen Umstrukturierungsbedarf haben.
 
F: Das ist eine klare Aussage. Daneben gibt es auch noch die Möglichkeit für strategische Allianzen oder Gemeinschaftsunternehmen. Nach der Übernahme
Von Digital Lifestyle Outfit (DLO), einem Zulieferer von Apple’s i-Pode, drängt sich die Frage auf, strebt Philips eine Kooperation mit Apple an?
 
A: Nein, da  gibt es nur marginale Berührungspunkte. Wir wollen nicht in den Computerbusiness. Philips als elektronischer Lifestyle-Konzern ist jetzt ganz anders ausgerichtet.
 
F: Aber im Bereich Gesundheit stellt sich das alles ganz anders dar. In diesem Markt konkurriert Philips mit Siemens und General Electric. Kann sich Philips gegen diese starke Konkurrenz behaupten?
 
A: Die Marktpräsenz zwischen den führenden Anbietern von medizinischen Systemen im Gesundheitssektor ist unterschiedlich. Philips ist besonders stark in  der Diagnostik und im Clinical und Home-Care-Bereich. Die Mitbewerber sind da nicht so stark präsent. Denn einer unserer Schwerpunkte ist die Home-Healthcare-Kombination mit der ärztlichen Betreuung , sie macht es möglich dass Patienten über On-line-Verbindungen zu Hause von Ärzten betreut werden können. Gerade darin ist Philips besonders stark und innovativ.
 
F: Welche neuen Produkte hat Philips in der
Pipeline? Wird es einen neuen Verkaufsschlager wie die Senseo-Kaffee-Maschine geben?
 
A: Senseo war und ist wirklich ein Kassenschlager. Darauf sind wir stolz. Die Senseo-Familie wurde daher ausgebaut mit der Espresso-Café-Maschine. Aber wir haben noch mehr in petto. Die Licht-Produkte von ,,Living Colors‘‘ beispielsweise. Das ist Spielen mit Licht. Faszinierend. Immer mehr Menschen finden Freude daran. Sie wollen mit Licht spielen. Wir liefern ihnen dafür die neuen Lichtprodukte, die auch noch energiesparend sind. Das wird ein wichtiger Markt.
 
F: Kann Philips noch mehr neue Produkte bieten?
 
A: Ja, im Sektor Haushaltsgeräte beispielsweise. Hier sind wir dabei, Produktfamilien zu bauen. Senseo erwähnte ich bereits – vom Café zum Espresso. Auch unsere Bierheimzapfanlage ,,Perfect Draft‘‘ wird verbessert. Mit der größten Brauerei, der belgischen Inbev (Beck’s Bier,  Stella Artois, Leffe, htz) haben wir einen hervorragenden Partner, um in diesem Marktsegment zu reüssieren und zu expandieren.
 
F: Neue Produkte müssen erst entwickelt werden. Wie viel will Philips in 2008 für die Forschung und Entwicklung ausgeben?
 
A: Etwa sechs bis 7 % vom Umsatz von etwa 27 Mrd. Euro.
 
 
 
F: Herr Kleisterlee,  vielen Dank für das Gespräch.
 
Datum     : 4.3.2008        
 
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Zuletzt aktualisiert am Montag, 09. Februar 2009 um 00:56 Uhr
 

Flämische Regierung rettet KBC-Bank

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Von HELMUT HETZEL
 
Antwerpen. Die Krisensitzung dauerte die ganze Nacht. Dann endlich erklärte sich die flämische Regierung bereit, der belgischen Großbank KBC erneut unter die Arme zu greifen. Die KBC Gruppe erhält von der flämischen Regionalregierung zur Verstärkung ihres Eigenkapitals weitere zwei Milliarden Euro. Ferner hat die KBC eine Option, um in den kommenden fünf Jahren weitere 1,5 Mrd. Euro in Form von Kreditfazilitäten von der flämischen Regierung anzufordern. Im Gegenzug erhält Flandern nicht stimmberechtigte Vorzugsaktien der KBC und zwei Sitze von Regierungsvertretern im Aufsichtsrat. Aber die KBC bleibt selbständig. Die Rettungsaktion für die KBC, die der flämische Ministerpräsident Kris Peeters am Donnerstag persönlich bekannt gab, stoppte den Kursverfall der KBC-Aktien, die in den vergangenen Tagen rund 60 % ihres Wertes verloren hatten. Im Laufe des Handels zogen sie am gestrigen Donnerstag an der Brüsseler Börse zeitweise um 24 % auf 10,74 Euro an, nachdem sie am Vortag den historischen Tiefpunkt von 7,50 Euro je Anteilschein erreicht hatten.


 
Die KBC teilte mit, dass sie die staatliche Kapitalspritze zur Stärkung der Eigenkapitaldecke verwenden wolle. Gleichzeitig solle Tabula rasa gemacht werden und werden alle faulen Anlageprodukte abgeschrieben. Das habe Wertberichtigungen in Höhe von 2,5 Mrd. Euro zur Folge. Dieser hohe Wertberichtigungsbedarf frisst den gesamten operativen Gewinn der KBC des Jahres 2008 auf, der sich nach Angaben der KBC auf 2,2 Mrd. Euro beläuft, so dass 2008 voraussichtlich mit roten Zahlen abgeschlossen werden muss.
KBC-Vorstandschef André Bergen kommentierte die genommenen Maßnahmen mit den Worten: ,,Wir sind jetzt sehr weit gegangen. Diese Maßnahmen werden Effekt haben. Mehr können wir nicht mehr tun.‘‘
Der flämische Ministerpräsident Kris Peeters betonte: ,,Es ist für unsere Wirtschaft wichtig,  dass wir diese Krise nicht nur überstehen, sondern dass wir sie überstehen mit einer funktionierenden Großbank, die unsere Ökonomie weiterhin mit Krediten bedienen kann.‘‘
Die KBC hatte die aktuelle internationale Finanzmarktkrise bisher relativ gut überstanden, besser jedenfalls als die anderen belgischen Branchenkonkurrenten wie etwa Fortis oder Dexia. Erst als die Ratingagentur Moody’s in der vergangenen Woche einen negativen Rapport über die KBC publizierte, begann der drastische Kursverfall der KBC-Aktien, der durch die nun erfolgte Rettungsaktion jedoch gestoppt werden konnte. Positiv an der Intervention der flämischen Regierung ist auch, dass die KBC – anders als Fortis – nicht verstaatlicht wird, sondern als Privatbank selbständig bleiben kann. Es ist die zweite staatliche Kapitalspritze, die die KBC erhalten hat. Es flossen ihr bereits  einmal 3,5 Mrd. Euro aus Steuergeldern zu.
 
 
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Zuletzt aktualisiert am Dienstag, 10. Februar 2009 um 01:01 Uhr
 

Interview mit Gijs Verweij, CEO der niederländischen Immobiliengesellschaft Wereldhave NV

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,,Nicht nervös werden‘‘
 
Interview mit Gijs Verweij, CEO der niederländischen Immobiliengesellschaft Wereldhave NV, Den Haag
 
Mit Gijs Verweij sprach in Den Haag unser Korrespondent HELMUT HETZEL
 
F: Herr Verweij, wie beurteilen Sie die aktuelle wirtschaftliche Lage?
 
A: Sie ist Teil des wirtschaftlichen Zyklus. Das haben wir früher auch schon erlebt, etwa in den 80iger und 90iger Jahren. Allerdings kommt heute noch die Finanzmarktkrise hinzu. Man sollte aber nicht nervös werden.
 
F: Sie scheinen starke Nerven zu haben. Die Märkte sind hypernervös…
 
A: Ja, das sind sie. Wir befanden uns in den vergangenen Jahren in einer Wertsteigerungsblase, die durch billiges Geld entstand. Das trieb die Preise, insbesondere auch die Immobilienpreise, nach oben. Jetzt muss die Luft wieder raus aus dieser Blase. Das schmerzt, ist aber notwendig, denn die Preise waren völlig überhöht. Man hat mit geliehenem Geld gekauft in der Hoffnung, dass der Wert von Immobilien immer weiter steigt.
 
F: Sie spielen auf die Geldpolitik der FED unter Alain Greenspan an?
 
A: Ja, diese Geldpolitik hat mit zum Entstehen der Blase beigetragen.
 
F: Sehen Sie Licht am Ende des Tunnels? Wann geht es wieder aufwärts?
 
A: Das ist schwer zu sagen. Ich bin Optimist. Ich denke in der zweiten Hälfte des Jahres 2010 sollte die Konjunktur wieder anziehen. 2009 wird ein schwieriges Übergangsjahr. Es müssen noch einige Lösungen für die aktuellen Finanzprobleme gefunden werden.
 
F: Welche?
A: Die Liquiditätsengpässe an den Finanzmärkten müssen behoben werden. Die hohen Risikoprämien, die derzeit verlangt werden, können dann wieder sinken. Fällige Refinanzierungen werden wieder billiger.
 
F: Wie reagiert Wereldhave auf die Krise? Sind auch bei Ihnen jetzt Refinanzierungen fällig?
 
A: Wir sind sehr solide finanziert. Früher nannte man das konservativ. Wir haben eine Solvabilität von 67 %, also wenig Fremdkapital. Unter den Immobilienfonds in Europa gehören wir mit dieser guten Eigenkapitaldecke zu den Top-Fünf-Unternehmen in der Branche. Mit dieser Eigenkapitaldecke kommen wir gut durch die Krise, auch wenn die sich noch verschärfen sollte, was man nicht vorhersehen kann. Erst Mitte 2010 sind bei uns wieder Refinanzierungen fällig. Dann dürften, die hohen Risikoprämien, die derzeit bezahlt werden müssen, wohl wieder gesunken sein. Es wird zu einem Ausleseprozess zwischen den gut finanzierten und den schlecht finanzierten Unternehmen kommen. Auch in unserer Branche. Die faulen Äpfel fallen aus dem Erntekorb.
 
F: Wie sieht die Strategie von Wereldhave ganz konkret aus? Welches Portfolio-Management betreiben Sie?
 
A: Wir differenzieren stark und wir denken langfristig. Wir differenzieren geografisch und sind in vier Sektoren aktiv: Dem Retailsektor, dem Bürosektor, den Shopping Centern und dem Wohnungsbau und der Wohnungsermietung. In unserer Branche liegen die Rendite und die Finanzierungskosten dicht beieinander. 1994/1995 haben wir unsere Strategie grundsätzlich geändert. Wir sind seither viel kundenorientierter geworden. Wir vermieten Räumlichkeiten, die multifunktional genutzt werden können, modern, nachhaltig und energiesparend gebaut sind. Gebäude werden heute schneller älter als früher. Sie werden schneller und häufiger gewechselt. Wir haben damals in den 90iger Jahren viele unserer alten Gebäude verkauft, neue hinzugekauft oder sie selbst entwickelt und bauen lassen, und zwar unter eigener Regie, ohne Projektentwickler. Für unser nachhaltiges Bauen erhielten wir schon vor 10 Jahren einen Umweltpreis, unter anderem für unsere bewusste und umweltschonende Materialauswahl, für unsere energiesparenden Immobilienprojekte.
 
F: Wie wichtig ist das Timing im Immobiliengeschäft?
 
A: Sehr wichtig. Aber das kann man nicht immer selbst bestimmen. Natürlich will man billig kaufen und teuer verkaufen. Das ist klar. Wir haben ein eigenes Portefeuille an Immobilien in den Niederlanden, Belgien, Frankreich, den USA, Finnland, Spanien und dem Vereinigten Königreich unter langfristigen Aspekten aufgebaut und in der Regel auch den Grund, auf dem unsere Gebäude stehen, gekauft. Schließlich leben wir hauptsächlich von den Mieteinnahmen, die wir erzielen.
 
F: In den USA sind sie mit Immobilien in Texas, Kalifornien, in Washington aktiv. Kann man damit in er heutigen Situation in den USA in dieser Branche noch Geld verdienen?
 
A: Ja, sicher. In Washington stehen unsere Gebäude hauptsächlich im Stadtzentrum, und Kalifornien haben wir wegen des milden Klimas ausgewählt  und  in Dallas, Texas, beispielsweise vermieten wir hauptsächlich Appartements . Durch die sinkenden Börsen sinkt auch das Pensionsvermögen vieler Amerikaner. Daher gibt es einen verstärkten Trend hin zur Miete, weil man den Hauskauf nicht mehr so einfach finanziert bekommt.
 
F: Eigentlich profitiert Wereldhave als von der US-Hypothekenkrise?
 
A: Der wachsende Trend hin zu Mietwohnungen ist für uns nicht ungünstig.
 
F: Kann es in der jetzigen Wirtschaftskrise nicht auch zu Mietausfällen kommen, weil Mieter, private und institutionelle, ihre Miete einfach nicht mehr bezahlen können?
 
A: Wir haben rund 1200 Mieter. Natürlich kann der ein oder andere einmal Zahlungsprobleme bekommen, das ist nicht auszuschließen. Aber da unser Portefeuille in vier Sektoren gut differenziert ist, wird es voraussichtlich keine großen Mietausfälle geben.
 
F: Spanien und UK leiden ebenfalls stark unter der aktuellen Krise. Wie ist Wereldhave dort aufgestellt?
 
A: In diesen beiden Ländern haben wir nach wie vor einen hohen Auslastungsgrad unserer Immobilien. Das gilt auch für Finnland, die Niederlande und Belgien. Aber die UK sind schon ein Sonderfall, weil dort der Finanzsektor und das Finanzzentrum London noch zusätzlich hart getroffen wird. Insgesamt aber können wir das Tal der Tränen durchwandern, weil die Qualität unseres Portefeuilles gut ist.
 
F: Krisen bieten auch Chancen. Wollen Sie nicht auf andere Märkte in anderen Länder vorstoßen, etwa in die Schweiz, nach Deutschland, Luxemburg, nach Russland, nach Asien?
 
A: Wir haben das geprüft. Kanada beispielsweise oder China, haben aber davon abgesehen. Die Schweiz oder auch Luxemburg oder Österreich halten wir als Markt als etwas für etwas zu klein. Außerdem sind die besten schweizerischen Immobilien ohnehin in schweizerischer Hand. Russland ist uns zu unsicher. Wir sind jetzt geografisch gut positioniert. In Deutschland haben wir 1993 alles verkauft. Wir dachten zeitweilig über einen Wiedereinstieg auf dem Immobilienmarkt in Berlin nach, haben das aber gelassen, weil dort Überkapazitäten entstanden sind.
 
F: Im Neunmonatsbericht mussten Sie jedoch einen Gewinnrückgang von 55 % auf 65,3 Mio. Euro oder 2,84 Euro je Aktie melden. Hält dieser Trend an?
 
A: Man muss unterscheiden zwischen dem direkten und dem indirekten Ergebnis.
F:  Das  ist ein wichtiger Unterschied. Was bedeutet das für den Anleger?
A: Das direkte Resultat hängt von den Mieteinnahmen ab, das ist das eigentliche Betriebsergebnis. Das indirekte Resultat kommt aus den Neubewertungen unserer Immobilien. Das ist in den zurückliegenden Jahren enorm gestiegen und blieb während der ersten neun Monate in 2008 stabil. Per Saldo ist es daher geringer als in 2007. Aber das direkte Ergebnis ist die Basis für die Dividende.
 
Aufgrund der Rechnungslegung nach IFRS wird das Ergebnis als ein Einheitliches ausgewiesen.
 
F: Wie wird das Jahresergebnis 2008 ausfallen?
 
A: Wir rechnen mit einem direkten Resultat je Aktie in der Größenordnung des Vorjahres…
 
F: 2007 betrug es 4,88 Euro je Anteilschein…
 
A: …2008 voraussichtlich zwischen 4,80 und 4,90 Euro je Aktie.
 
F: Zur Dividendenpolitik. Sie haben angekündigt, den Aktionären für 2008 eine Dividende von 4,65 Euro je Aktie ausschütten zu wollen. Können
Sie das wahrmachen?
 
A: Ja, das können wir. Sie wird in dieser Größenordnung liegen. Daraus errechnet sich übrigens eine Dividendenrendite von stolzen 7,5 %.
 
F: Das hören Aktionäre gerne in diesen schweren Zeiten. Eine attraktive Dividendenpolitik ist nach wie vor wichtig. Aber insgesamt haben sich die Bewertungskriterien von Aktiengesellschaften inzwischen wohl verschoben oder?
 
A: Das kann man zweifellos sagen. Heute zählt: Eigenkapital, die Refinanzierungsfrage. Die wichtigsten Ratio´s müssen in Ordnung sein. Analysten entwerfen jetzt ganz andere Szenarios als noch vor ein, zwei Jahren, als vor allem die Prognosen zählten.
 
F: Die Entlohnungs- und Boni-Systeme für Manager stehen in der Kritik. Zurecht?
 
A: Zurecht. Ich war schon immer ein Manager, der langfristig dachte und entsprechend handelte. Ich war schon immer gegen die nur auf den kurzfristigen Erfolg angelegten Entlohnungssysteme. Es ist die Kontinuität eines Unternehmens, die zählt. Ein Manager, der behauptet, er könne jedes Jahr den Gewinn steigern, der ist nicht realistisch. Er schwindelt. Es gibt schlechte und gute Jahre. Es geht um die kontinuierliche und langfristige Verbesserung der Erträge, um langfristig orientiertes und nachhaltiges Wachstum. Wereldhave ist dafür ein gutes Beispiel.
 
F: Warum  sollte ein Aktionär Aktien von Wereldhave in seinem Portefeuille haben?
 
A: Wereldhave ist ein gesundes Unternehmen. Wir haben eine berechenbare und konsistente Dividendenpolitik mit einer attraktiven Dividendenrendite von 7,5 %, eine starke Eigenkapitalbasis. Der wirkliche Wert in Englisch: der Net Asset Value des Unternehmens spiegelt sich derzeit nicht adäquat im Börsenkurs. Er liegt höher. Es ist für den Anleger daher momentan attraktiver, um in Wereldhave-Aktien als direkt in Immobilien zu investieren.
 
F: Vielen Dank für das Gespräch.
 
Kurzportrait  Gijs Verweij
 
Htz. Wereldhave das ist Gijs Verweij. Er arbeitet seit 31 Jahren für das Haager Immobilienunternehmen und führt es seit 1994 als CEO. Er ist das Gesicht des Konzerns. Im nächsten Jahr will der  63jährige mit Erreichen der Altersgrenze ausscheiden. ,,Den richtigen Zeitpunkt, um zu stoppen, findet man nie. Nur ich wollte nicht zu spät aufhören. Jetzt ist es möglicherweise zu früh,‘‘ sagt er. Verweij hinterlässt ein gesundes Unternehmen, wenn er im Juli 2009 die Führung voraussichtlich an Hans Bars  übergeben wird. Der zweifache Familienvater (zwei Söhne), der gerade auch Opa wurde, hat ein ausgefallenes Hobby: Er züchtet Post-Tauben. Außerdem ist er ein begeisterter Gärtner und vertieft er sich in seiner Freizeit gerne in ein Buch. Dass er das 80jährige Firmenjubiläum von Wereldhave im Jahr 2010 nicht mehr im aktiven Dienst erleben kann, schmerzt ihn ein wenig. ,,Aber ich bin zuversichtlich, dass wir dann feiern können und die aktuelle Krise weitgehend überwunden sein, wird,‘‘ sagt der charmante Optimist.
 
 
/ Textende / Copyright © by HELMUT HETZEL / Den Haag /
Zuletzt aktualisiert am Sonntag, 08. Februar 2009 um 01:37 Uhr
 


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