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Wirtschaft


Ein Eid für Banker wie für Barack Obama

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,,Ein Eid für Banker''

Moralischer Kompass 

HM-HetzelMedia-Gespräch mit Ex-Rabobanker Hans Ludo van Mierlo

 

Von HELMUT HETZEL

Den Haag. Wie kann man das lädierte Vertrauen
in die Ehrlichkeit der Banker und in die der Finanzinstitute wieder herstellen? Das ist die Gretchenfrage, die seit dem Ausbruch der Finanzmarktkrise überall auf der Welt immer wieder gestellt wird. Auf dem bevorstehenden G-20-Gipfel in London soll der Weg für neue Reglungsmechanismen der Finanzmärkte geebnet werden. Möglicherweise wird eine neue oberste internationale Kontrollinstanz - eine globale Finanzaufsichtsbehörde - für die Finanzmärkte aus der Taufe gehoben. Es gibt viele Lösungsansätze, das Vertrauen zurück zu gewinnen.

Doch wer die Debatte um die Neuregelung der Finanzmärkte und das Wiederherstellen des verloren gegangenen Vertrauens in die Märkte aufmerksam verfolgt, muss feststellen, dass sie noch sehr einseitig geführt wird. Die jetzige Krise wird vor allem als Systemkrise definiert. Von den kriminellen Machenschaften eines Bernard Madoff einmal abgesehen, ist fast kein Banker bereits, individuell die Verantwortung für die heutige Finanzmisere zu übernehmen, oder zumindest einzugestehen, dass er gewusst hat, da läuft etwas gewaltig schief. Die menschliche, die moralische Dimension kommt in der Debatte bisher viel zu kurz. Sie ist unterbelichtet.

Einer der wenigen Top-Banker, der bisher die menschliche Größe hatte, sich zu entschuldigen, das ist Floris Deckers, der Vorstandsvorsitzende der niederländischen Privatbank F. van Lanschot, der ältesten 1737 gegründeten Privatbank der Niederlande

 (siehe auch HM-HetzelMedia: ,,Banker tut Buße'').

Deckers sagte, was andere Banker nicht über ihre Lippen bringen, aber eigentlich sagen sollten: ,,In der heutigen Rezession passt es zu einem ehrlichen Banker, dass er sich entschuldigt. Und diese Entschuldigung biete ich hiermit an.‘‘ Deckers steht mit dieser Haltung inzwischen nicht mehr ganz alleine.
,,Banker müssen ihre menschliche Dimension wieder entdecken und sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung stellen. Das haben sie in den zurückliegenden Jahren völlig aus dem Auge verloren,‘‘ sagt Hans Ludo van Mierlo, ehemaliger Top-Banker der Rabobank im Gespräch mit HM HetzelMedia. ,,Viele Banker wissen scheinbar gar nicht mehr, wo die Wurzeln unseres Finanzsystems liegen. Denn alle Finanzinstitute haben gesellschaftspolitische Wurzeln. Die Raiffeisenkassen wurden einst für die Bauern gegründet, damit diese sich finanzieren konnten. Die Sparkassen brachten den Arbeitern und Angestellten das Sparen bei. Die Mittelstandsbanken wie die frühere niederländische NMB-Bank, die mit an der Wiege des ING-Konzerns stand, finanzierten den Mittelstand. Die Handelsbanken wie etwa die ABN Amrobank den internationalen Handel. Alle hatten sie gesellschaftspolitische Wurzeln und ein spezielles Aufgabengebiet. Alle hatten sie eine spezifische gesellschaftspolitische Verantwortung,‘‘ stellt van Mierlo fest.
,, Doch vielen Bankern ging es in den vergangenen Jahren nur noch um´s schnelle Geld nicht mehr um die optimale Kundenbetreuung. Den Kunden wurden sogar Wucherpolicen verkauft. Die persönliche Karriere und das Abkassieren stand für viele Banker im Vordergrund,‘‘ meint der Ex-Banker van Mierlo. ,,Was uns diese Krise lehrt, ist, dass die Banken Teil einer großen globalen Infrastruktur sind und dass ihr Handeln einen größeren Einfluss hat als uns das bisher bewusst war. Deshalb braucht das Finanzsystem, wenn es wieder glaubwürdig werden will, künftig einen moralischen Kompass. Ein solcher moralischer Kompass sollte ein Eid für Banker sein. Ein Eid, den Banker ablegen, ähnlich wie Ärzte oder Notare das auch tun, oder Politiker, wenn sie als Minister oder Regierungschefs oder Präsidenten wie Barack Obama  eingeschworen und vereidigt werden,‘‘ fordert Hans Ludo van Mierlo. 

Banker und Geldgier

                                                      Banker und Geldgier

 

Der Eid für Banker

 

Frage: Wie sollte ein solcher Eid für Banker aussehen? Antwort van Mierlo:

 ,,Ich schwöre, dass ich meine Arbeit als finanzieller Dienstleister nach bestem Wissen und Gewissen und zum Wohle meiner Mitmenschen ausführen werde. Ich werde den Interessen meiner Kunden Vorrang geben und ihre Wünsche und Meinungen respektieren. Ich bin mir der Grenzen meiner Möglichkeiten bewusst. Ich werde offen und ehrlich sein und mich überprüfen lassen. Ich kenne meine Verantwortlichkeit für die Gesellschaft, heute und in der Zukunft und in meiner heutigen und künftigen Funktion im Finanzsektor. In meiner Arbeit im Finanzsektor will ich dieser Verantwortung für die Gesellschaft gerecht werden.‘‘

Das ist der Eid, den Banker und alle die in der Finanzbranche arbeiten, nach Meinung des Ex-Bankers Hans Ludo van Mierlo künftig ablegen sollten, bevor sie einen Job bei einer Bank oder Versicherung oder als Vermögensberater antreten dürfen. Der Vorschlag von van Mierlo, die Banker künftig zu vereidigen, findet in den Niederlanden inzwischen großen Beifall. Unter Wirtschaftsexperten, anderen Bankern und auch unter Politikern. Der Fraktionsvorsitzender der linksliberalen ,,Demokraten ´66‘‘ Alexander Pechtold unterstützt ihn, ebenso wie zahlreiche Abgeordnete des Haager Parlaments aus ganz verschiedenen Parteien - von den Grünen, über die Sozialdemokraten bis zu der rechtsliberalen VVD - sowie zahlreiche renommierte niederländische Wirtschaftswissenschaftler verschiedener Universitäten.
,,Wir sind uns alle einig darüber, dass das Vertrauen in die Banken so schnell wie möglich wieder hergestellt werden muss. Ein Eid für Banker kann einen Beitrag dazu leisten ebenso wie neue internationale Reglungsmechanismen. Aber Banker müssen außerdem noch etwas anderes wieder lernen, was ihnen abhanden gekommen ist, nämlich Selbstbeherrschung.‘‘ Kurz: Banker müssen wieder ein Gewissen haben und nach moralischen Standards handeln.

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Zuletzt aktualisiert am Samstag, 28. März 2009 um 18:12 Uhr
 

König Albert II. mit leeren Händen

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belgien-schulden-steigen

Belgische Staatsschuld steigt und steigt -

mit 800 Euro je Sekunde

Von HELMUT HETZEL

Brüssel. Belgien rutscht in die Schuldenfalle. Die belgische Staatsverschuldung droht aus dem Ruder zu laufen. Pro Sekunde steigt die belgische Staatsschuld derzeit um 800 Euro. Pro Stunde nimmt sie um 2,9 Mio. Euro zu. Wenn von Seiten der Regierung nicht bald eingegriffen wird, dann wird die Staatsverschuldung des Königreichs in diesem Jahr von bisher 88,7 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 94,7 % des BIP zulegen. Auf dem belgischen Schuldenticker, den die flämische Wirtschaftszeitung ,,de Tijd‘‘ auf ihrer Website eingerichtet hat, beträgt die belgische Staatsschuld derzeit 311,421 Mrd. Euro. Ende des Jahres wird sie nach diesen Berechnungen auf 330,7 Mrd. Euro angewachsen sein. Sie liegt dann nur noch geringfügig unter dem für 2009 prognostizierten belgischen BIP, dass Ende dieses Jahres voraussichtlich 349,2 Mrd. Euro betragen wird. Das heißt: Alle rund zehn Millionen Belgier müssen fast ein ganzes Jahr lang arbeiten, um ihre ständig steigenden Schulden abbezahlen zu können.

König Albert II. von Belgien

            König Albert II. von Belgien hat nichts mehr zu lachen


Der Spread für belgische Staatsanleihen im Vergleich zu denen der Bundesrepublik Deutschland, die als Richtschnur (Benchmark) gelten, hat sich innerhalb eines Jahres nun bereits von 0,43 auf jetzt 0,89 Basispunkte mehr als verdoppelt. Das heißt: Der belgische Staat muss, wenn er sich am Kapitalmarkt eine Milliarde Euro leihen will, 4,6 Millionen Zinsen mehr dafür zahlen als noch vor einem Jahr. Das ist die extra Risikoprämie, die der Markt für die ständig steigende Staatsschuld der Brüsseler Regierung nun berechnet. Nach Berechnungen der belgischen Finanzbehörde HRF wird das Königreich der Flamen und Wallonen in diesem Jahr ferner im Haushalt ein Finanzierungsdefizit von 4,5 % des BIP aufweisen. Das sind 1,5 % mehr als die im Stabilitäts- und Wachstumspakt der Eurozone vorgeschriebene Obergrenze von maximal 3,0 % des BIP.

Belgien

 

                                           Belgien rutscht in die Schuldenfalle

Hauptursache für die rapide steigenden Staatsschulden in Belgien ist die aktuelle Finanzmarktkrise und die wirtschaftliche Rezession. So musste auch die Brüsseler Regierung mit großen Summen und Bürgschaften ihre insolvent zu drohenden Banken und Versicherungen wie etwa Fortis, die KBC aber auch die isländische Filiale der Kaupthing Bank in Luxemburg finanziell unterstützen. Das riss große Löcher in den Haushalt und trieb die Staatsschulden in die Höhe. Allein zur Stützung des Finanzsektors und zur Rettung von Fortis wurden seitens des belgischen Staates rund 20 Mrd. Euro aufgewendet.

Aber während beispielsweise die nördlichen Nachbarn, die Niederländer, gerade ein neues umfangreiches Investitions- und Sparprogramm für die kommenden Jahre vorgelegt haben mit dem sie die steigenden Staatsschulden wieder drücken wollen, legt die von Herman Van Rompuy in Brüssel geleitete belgische Regierung die Hände lieber in den Schoß. Ministerpräsident Van Rompuy will sich Zeit nehmen, die er eigentlich gar nicht hat. ,,Im Herbst‘‘ so kündigte Van Rompuy an, wolle er einen Maßnahmenkatalog aufstellen lassen, um die hohen Staatsschulden ,,strukturell‘‘ wieder zu vermindern. Bis dahin aber wird noch viel Wasser die Maas hinunterfließen und verrinnt wertvolle Zeit. Denn wer Belgien kennt, der weiß, dass die Ausarbeitung eines Maßnahmenkatalogs zur strukturellen Verminderung der Staatsschuld eine Herkulesaufgabe werden wird. Das Vorhaben wird - wie in Belgien üblich - zwischen die Mühlsteine der flämischen und der wallonischen Bevölkerungsgruppe geraten und langsam zerrieben werden, so ist zu befürchten. So gesehen ist es politisch und wirtschaftlich unverantwortlich, dass Premier Herman Van Rompuy so lange warten will, bis er damit beginnt, die aus dem Ruder laufenden Staatsschulden wieder zu reduzieren. Belgien droht nach Griechenland und Irland das dritte Sorgenkind in der Eurozone zu werden.
23.3.2009

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Zuletzt aktualisiert am Donnerstag, 26. März 2009 um 17:27 Uhr
 

Gouda statt Camembert

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frauantje6Gouda statt Camembert

Frau Antje rupft den gallischen Hahn


Von HELMUT HETZEL

Den Haag. Die holländische Käsebotschafterin Frau Antje kann sich freuen. Ihr gelang es im vergangenen Jahr, den gallischen Hahn und damit Frankreich zu überflügeln. Denn die Deutschen kauften weit mehr Käse in Holland ein als Camembert in Frankeich. Mehr Tulpen aus Amsterdam als Baguette aus Paris. Hier die aktuellen Zahlen. Sie sind bemerkenswert. Denn die Niederlande exportierten in 2008 erstmals mehr Waren in die Bundesrepublik Deutschland als die Franzosen Produkte über den Rhein schaffen konnten. Das holländische Exportvolumen nach Berlin, Hamburg, München, Köln, Konstanz, Aachen, Osnabrück oder Essen betrug im vergangenen Jahr stolze 72 Mrd. Euro. Die Franzosen schafften es dagegen nur, den Deutschen Waren im Wert von 66 Mrd. Euro zu verkaufen. Nun steht fest: Holländischer Gouda-Käse scheint den deutschen Verbrauchern offenbar besser zu schmecken als französischer Camembert. Das hat Gründe. Nicht nur geschmackliche:

„Die Niederlande werden als Güterplattform Richtung
Bundesrepublik immer wichtiger", kommentiert Axel Gerberding, Geschäftsführer der Deutsch-Niederländischen Handelskammer (DNHK) in Den Haag die Entwicklung des bilateralen Handels zwischen den beiden Nachbarländern Deutschland und Niederlande. Vor allem der Rotterdamer Hafen nehme dabei eine Schlüsselstellung ein.

Axel Gerberding

Axel Gerberding, Geschäftsführer der Deutsch-Niederländischen Handelskammer in Den Haag

Die DNHK hatte nach Angaben von Gerberding bereits Mitte vergangenen Jahres den Wechsel an der Spitzenposition prognostiziert. „Schon angesichts des wachsenden Erdgasverbrauchs bei gleichzeitig steigenden Öl- und Gaspreisen war diese Entwicklung abzusehen", stellt Gerberding fest. Tatsächlich legte der Wert des eingeführten Erdöls und Erdgases aus den Niederlanden im vergangenen Jahr von 4,6 Mrd. auf mehr als 6,3 Mrd. Euro zu.‘‘

Es sind aber nicht nur die niederländischen Energieträger wie Gas und Öl, sondern auch und vor allem die Exporte landwirtschaftlicher Produkte vom Käse bis zur Tomate, der Paprika bis zur Gurke, den Tulpen aus Amsterdam sowie die vielen Halbfertigerzeugnissen aus der Industrie, die die holländischen Exportschlager ausmachen.
Niederländische Unternehmen wie der weltgrößte Hersteller von Farben und Lacken, Akzo Nobel, aber beispielsweise auch der Feinchemiekonzern DSM, sind wichtige Zulieferer für ihre deutschen Abnehmer in der Industrie. Akzo Nobel liefert Farben und Lacke für die Automobilindustrie. DSM stellt beispielsweise mit ihrer synthetischen Spezialfaser Dyneema das Basismaterial her, um Automobile zu ,,panzern‘‘ und sie schusssicher zu machen. DSM liefert ferner Penicillin und zahlreiche Grundstoffe für die chemische und die Nahrungsmittelindustrie. Für den Elektronik-Konzern Philips ist Deutschland einer der wichtigsten Absatzmärkte. Royal Dutch Shell ist einer der größten Öl-,Gas- und Benzinlieferanten für die deutschen Verbraucher. Die meisten Navigationsgeräte im Auto kommen vom holländischen Branchenprimus Tom Tom. Die KPN Telekom bietet über ihre deutsche Mobilfunktochter E-Plus rund 17 Millionen Handy-Kunden Mobilfunk in der Bundesrepublik und der niederländische Finanzkonzern ING bedient allein in Deutschland mehr als sieben Millionen Sparer mit seiner Tochter ING Diba.

Aber auch deutsche Produkte sind in den Niederlanden besonders gefragt. Automobile sowieso. Insbesondere die Nobelmarken, die in München, Wolfsburg, Ingolstadt und Stuttgart gebaut werden. Aber nicht nur die.

Axel Gerberding dazu: ,,Dass die Niederlande zugleich als Absatzmarkt für deutsche Firmen wichtiger werden, belegen die deutschen Exportzahlen. Dort kletterte das westliche Nachbarland der Deutschen 2008 um einen Platz auf den vierten Rang. Damit verdrängen die Niederländer Italien (64 Mrd. Euro).

Insgesamt wurden aus Deutschland Waren im Wert von rund 65,6 Mrd. Euro in die Niederlande ausgeführt. Zu den Gewinnern beim Holland-Export gehörten vor allem deutsche Chemieprodukte, die im vergangenen Jahr um 5,7 % auf 11,1 Mrd. Euro zulegen konnten, sowie Eisen- und Stahlerzeugnisse und Spezialfahrzeuge. Nur Frankreich, die Vereinigten Staaten und England können sich als deutsches Exportziel vor dem Nachbarland Niederlande behaupten.‘‘

Gallischer Hahn

 

                         Frau Antje rupft den gallischen Hahn

 

Fazit: Nirgendwo in Europa sind die Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen zwei Ländern so eng wie die zwischen den Niederlanden und Deutschland. Frau Antje verkauft den Deutschen ihren köstlichen Käse. Die Niederländer dagegen fahren am liebsten in Automobilen made in Germany durch die Gegend.
23.3.2009

 

Frau Antje ist auf der Überholspur

 

Frau Anjte auf der Überholspur

 Gallischer Hahn

 Der Hahn hat das Nachsehen

 

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Link: www.dnkh.org

 

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Zuletzt aktualisiert am Mittwoch, 25. März 2009 um 23:08 Uhr
 

Banker sollen Boni zurückzahlen

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surfing-bankerBanker sollen bluten: ING will Boni zurück

Von HELMUT HETZEL

Den Haag. Es geht zwar noch nicht ans Eingemachte, aber die üppigen und oft exorbitant hohen Boni-Zahlungen für Banker, die sollen in den Niederlanden jetzt ebenso hart angepackt werden wie in den USA. Zumindest dann, wenn sich Finanzinstitute, die mit Steuergeldern am Leben erhalten worden sind, erdreisten, hohe ,,Erfolgs-‘‘ Boni zu bezahlen. Und zwar an Banker, die mit ihrem Wirtschaften Verluste anstatt Gewinne erwirtschaftet haben und die immer noch nicht einsehen wollen, dass sich die Zeiten entscheidend verändert haben. Denn anstatt Boni hätten viele Banker eher einen Malus verdient in Form einer Gehaltskürzung für ihre Missmanagement und ihre Ignoranz gegenüber Kunden.

Jan Hommen, amtierender Chef des Amsterdamer Finanzinstituts ING, versucht es noch auf die relativ sanfte Art. Er richtete jetzt einen ,,moralischen Appell‘‘ an alle 1200 Führungskräfte der ING, die für das Jahr 2008 satte Boni von insgesamt 300 Mio. Euro bezogen haben, obwohl die ING erstmals überhaupt in ihrer Geschichte im vergangenen Jahr rote Zahlen schreiben musste. ,,Ich möchte, dass diese Mitarbeiter ihre Boni zurückgeben. Erst wenn ein neues Entlohnungssystem konzipiert und eingeführt wird, können wir wieder über flexible finanzielle Zusatzleistungen reden,‘‘ sagte Hommen in einem Interview mit der Amsterdamer Zeitung ,,de Volkskrant.‘‘ Er selbst geht übrigens mit gutem Beispiel voran. Jan Hommen, der Mitte Januar die Führung der ING übernahm, nachdem der frühere ING-CEO Michel Tilmant überraschend zurückgetreten war, arbeitet in diesem Jahr völlig ohne Bezahlung. Auch er will für seine Tätigkeit erst honoriert werden, wenn das neue Besoldungssystem für die ING-Mitarbeiter ausgearbeitet ist. Ehrlicherweise muss man aber hinzufügen, dass sich Hommen den Luxus, zeitweilig unentgeltlich zu arbeiten, durchaus leisten kann, weil er als früherer Finanzchef von Philips nicht schlecht verdiente und bei seinem Ausscheiden bei Philips seine Aktien und Aktien-Optionen gewinnbringend und mit Millionengewinn versilbern konnte, bevor er Aufsichtsratsvorsitzender der ING wurde. Nach Meinung von Hommen sollten Boni oder andere flexible Belohnungszulagen ohnehin nur noch dann gezahlt werden, ,,wenn ein Unternehmen Gewinn erwirtschaftet.‘‘
Besonders heikel bei der ING ist in diesem Zusammenhang die Berufung des neuen Finanzvorstands Patrick Flynn. Flynn soll nämlich zu seinem Einstand bei der ING außer seinem Gehalt von knapp 700.000 Euro jährlich noch eine so genannte ,,Willkommensprämie‘‘ in Form von Aktien erhalten, die ein Volumen von rund 1,3 Mio. Euro hat. Hommen stellt sich vor Flynn und sagt: ,,Er bekommt eine Kompensation für Ausfälle, die ihm in Folge des Wechsels zu uns entstehen.‘‘ Flynn soll zu seinem Amtsantritt im April 100.000 ING Aktien erhalten. Hommen meint: ,,Das ist kein Bonus.‘‘

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Jan Hommen

Der 49jährige Ire Patrick Flynn löst John Heele als Chief Financial Officer (CFO) der ING ab, da Heele aus persönlichen Gründen in die USA zurückkehren will. Die Berufung von Flynn, der momentan CFO der britischen Bank HSBC in London ist, muss noch am 27. April auf der Hauptversammlung der ING von den Aktionären abgesegnet werden ebenso wie die Berufung von Jan Hommen zum neuen Chief Executive Officer (CEO) der ING. Mit der Anstellung von Flynn als neuem CFO der ING ist der personelle Wechsel an der Spitze des niederländischen Banken- und Versicherungskonzerns dann abgeschlossen. Denn im Januar hatte der bisherige Vorstandsvorsitzende Michel Tilmant sein Amt niedergelegt. Der bisherige CFO John Heele hatte schon im Oktober 2008 seinen Abschied von der ING angekündigt.
Der Druck auf die ING-Manager ihre Boni, die sie für 2008 erhalten haben zurückzubezahlen und auf jegliche Boni für 2009 zu verzichten, kommt aber auch von politischer Seite - und sogar von ehemaligen prominenten Bankern.
Der Haager Finanzminister Wouter Bos will die vertraglichen Absprachen, die zwischen Bankern und ihren Arbeitgebern über Boni gemacht worden sind, aufbrechen und zwar mit rückwirkender Kraft zum 1.1.2009 hin. Bos sagte im Haager Parlament, dass er keine Boni-Zahlungen an Banker mehr zulassen werde, deren Institute mit Steuergeldern subventioniert worden sind. Die ING ist ein solches staatlich subventioniertes Finanzinstitut. Die ING erhielt im Oktober 2008 eine staatliche Finanzspritze von 10 Mrd. Euro. Außerdem übernahm die Haager Regierung noch 80 % des Anteils der wackligen und derzeit unverkäuflichen ING-Anlageprodukte in den USA (Alt-A-Hypothekenpapiere), die ein Volumen von rund 23 Mrd. Euro haben.

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Hier begann die Wirtschaftskrise 2007/2008


Ausgerechnet ein ehemaliger Top-Banker der Niederlande brachte den Haager Finanzminister Wouter Bos auf die Idee, die Boni-Verträge der Banker aufzubrechen und anzufechten. Sein Name: Jan Kalff. Kalff ist der ehemalige Vorstandsvorsitzende der ABN Amrobank. Der gelernte Jurist meint, dass es mehr als billig sei, wenn die Banker von Finanzinstituten, die im vergangenen Jahr hohe Verluste gemacht haben und die nun teilweise am staatlichen Tropf hängen, auf ihre Boni verzichten. Täten sie das nicht, müssten sie auf juristischem Weg dazu gezwungen werden. ,,Bedenkt man, dass das eine oder andere Finanzinstitut Insolvenz hätte anmelden müssen, wenn es keine staatliche Hilfe erhalten hätte, dann kann man daraus schlussfolgern, es hätte überhaupt keine Boni für 2008 gegeben,‘‘ meint Kalff. Daher sei es ,,recht und billig‘‘ den Bankern die Boni nun zu entziehen. Über seinen Berufsstand äußert sich der einstige ABN Amrobank-Chef sehr kritisch: ,,Mir scheint, es gibt in der Branche heute keine wirklichen Herren mehr, wie es sie zu meiner Zeit noch gab.‘‘ Kalff trat im Mai 2000 als Vorstandschef der ABN Amrobank ab. Er übergab die Führung an Rijkman Groenink, der die größte niederländische Bank im vergangenen Jahr zum Preis von 71 Mrd. Euro an drei verschiedene Käufer veräußerte: Die spanische Bank Santander, die Fortis-Gruppe und die Royal Bank of Scotland (RBS). Die RBS und Fortis sind durch den viel zu hohen Kaufpreis beinahe in die Insolvenz geschlittert und konnten nur mit staatlicher Hilfe gerettet werden. Nur die Spanier profitierten vom Kauf der italienischen und brasilianischen Aktivitäten der ABN Amro. Sie waren so clever, sie sofort wieder abzustoßen noch bevor die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise mit voller Wucht im vergangenen Herbst nach dem Konkurs der US-Bank Lehman Brothers losbrach. Die Spanier waren die lachenden Dritten des ABN Amro-Deals.
23.3.2009

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Zuletzt aktualisiert am Montag, 23. März 2009 um 14:02 Uhr
 

Diamonds - a girl`s best friend

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marylin_monroeChinesen kaufen mehr Diamanten als Amerikaner

Diamanten-Metropole Antwerpen meldet Exporteinbruch von einem Drittel

Die Edelsteine verlieren an Glanz

Von HELMUT HETZEL

Antwerpen. ,,Diamonds are a girl´s best friend.'' Der berühmte Satz von Marilyn Monroe über die von so gut wie allen Frauen so begehrten funkelnden Edelsteine gilt auch heute noch. Aber selbst Diamanten funkeln in der jetzigen Krise nicht mehr so hell wie früher, obwohl sich das Sonnenlicht darin nach wie vor strahlend bricht. Ihr Glanz verblasst. Denn auch bei den Reichen dieser Erde scheint das Geld knapper zu werden. Sie geben offenbar weniger Geld für Schmuck und Diamanten aus. Denn der Export von geschliffenen Diamanten am Welthandelszentrum für die Edelsteine im belgischen Antwerpen ist in den vergangenen beiden Monaten regelrecht eingebrochen. Er sank im Januar und Februar um ein Drittel auf 577.144 Karat, was einem Geldwert von 758,7 Mio. Euro entspricht, teilte das ,,Antwerp World Diamant Centre (AWDC)‘‘ jetzt mit. Vor allem die bisherigen Hauptabnehmerländer für die in Antwerpen verhandelte und zu hochkarätigen Edelsteinen geschliffenen Diamanten kaufen in der flämischen Hafen- und Edelsteinmetropole immer weniger Hochkarätiges ein. Das sind die USA, die Schweiz, die Vereinigten Arabischen Emirate, Japan, Großbritannien, Italien und Frankreich.

 

     Viele Amerikaner können sich keine Diamanten mehr leisten

Diamanten und Emotionen

                                                     Photo by Oded Shapiro Antwerp Diamond Center

viele Chinesen schon, sie kaufen noch immer in Antwerpen die edlen Steine massenhaft ein.


Dort, vor allem in den USA, werden immer weniger funkelnde Edelsteine nachgefragt.
Die einzigen, die offenbar noch genug Geld haben, um auch in der jetzigen Wirtschaftskrise sich den Kauf von Diamanten noch leisten zu können, das sind die Chinesen. Im Januar und Februar dieses Jahres wurden nach China und insbesondere nach Hongkong von Antwerpen aus erstmals mehr Diamanten exportiert als in die USA. Das gab es noch nie. Das spricht Bände.


Noch stärker aber als der Export sanken die Einfuhren der Rohdiamanten, die an der Antwerpener Diamantenbörse gehandelt und dann in den zahlreichen Schleifereien veredelt und für den Weiterverkauf auf Hochglanz poliert oder in Brillanten veredelt werden. Der Diamantenimport sank nach Angaben der AWDC im Januar und Februar 2008 um 40 % auf einen Wert von 541,3 Mio. Euro. ,,Vor allem der Handel mit Rohdiamanten leidet unter der Krise. Die Einfuhr der Rohdiamanten, die bei uns in Antwerpen dann geschliffen werden, sank um über 42 % in den vergangenen beiden Monaten, zeitweilig hatten wir Einbrüche bis 70 %‘‘ stellt AWDC-Sprecher Philip Claes fest.
Er enthüllt noch ein anderes interessantes Detail. Israel, das traditionell ähnlich wie Antwerpen einen großen Anteil am weltweiten Diamantenhandel hat, gibt momentan keine aktuellen Zahlen mehr frei, wie sich das Diamantengeschäft dort entwickelt. ,,Wir wollen Transparenz, aber Israel hält die Diamanten-Handelsstatistiken neuerdings geheim. Es wäre besser, sie wieder zu veröffentlichen, dann hätten wir einen Überblick über das Geschäft,‘‘ fordert der Antwerpener Diamentair Philip Claes.

Von der sinkenden Nachfrage nach Diamanten direkt betroffen sind vor allem die Haupterzeugerländer der Edelsteine. Das sind vor allem Russland, Botsuana, Australien, Kanada, Südafrika, der Kongo, Angola, Namibia und Brasilien. Der starke Nachfragerückgang nach den Edelsteinen trifft sowohl für die Schmuckdiamanten als auch für die Industriediamanten zu.
Dem besten Freund der Frauen, wie Marilyn Monroe die glitzernden Kristalle nannte, wird nun die Zuneigung, sprich Nachfrage entzogen, weil auch bei den Reichen das Geld knapper wird.
19.3.2009

 

 

 

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Zuletzt aktualisiert am Dienstag, 24. März 2009 um 17:01 Uhr
 


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